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pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

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unterstützt.« 215 Der verglichen mit der historischen Situation 1919 geringeren Einfluss<br />

legte eine moderierend-vermittelnde Rolle während der Verhandlungen nahe, was wieder-<br />

um <strong>Theodor</strong> <strong>Heuss</strong> sehr entgegen kam. Die Erfolge dieses liberalen Einflusses sind denn<br />

auch weniger in Abstimmungsergebnissen als in dem Maße sichtbar, in dem liberale Vor-<br />

stellungen letztlich das Grundgesetz prägen.<br />

Der Arbeitsauftrag des Parlamentarischen Rats wurde aus zwei Quellen gebildet - aus<br />

den Frankfurter Dokumenten und aus der Positionierung der Ministerpräsidenten zu diesen<br />

Dokumenten. Hinsichtlich der Erfüllung dieses Auftrags hat jedoch auch der Umstand eine<br />

große Bedeutung, dass sich ein neues politisches Organ auch selbst definiert und gegen-<br />

über dem Wirtschaftsrat, den Parteien oder den Landesregierungen positioniert. Gerade<br />

letztere sahen ihre Aufgabe noch nicht als erledigt an und wollten sich nicht auf die Brief-<br />

träger-Funktion im Nachgang der Arbeit des Rats beschränkt sehen. Deshalb wurde ein<br />

Koordinationsbüro der Ministerpräsidenten in Bonn gegründet, Landesregierungen nahmen<br />

auch an den Sitzungen teil, jedoch eine offensivere Einflussnahme erfolgte lediglich von<br />

Bayern, das den Versuch unternahm, seine föderalen Vorstellungen durchzusetzen.<br />

Der Parlamentarische Arbeit entfaltete bald seine eigene Dynamik: Dabei spielten ohne<br />

Frage die Fraktionen eine wichtige Rolle, vor allem die Positionsbildungen von CDU und<br />

SPD und die Tatsache, dass vieles in so genannten »interfraktionellen Besprechungen«<br />

geklärt wurde. Gleichzeitig ermöglichte die Struktur der Arbeit und die Art der Aufgabe<br />

eine relativ große Einflussnahme des einzelnen Abgeordneten. Helms hebt den konsensu-<br />

ellen Grundcharakter des Parlamentarischen Rats hervor: »Die Grundprinzipien des<br />

parlamentarischen Systems, einschließlich seiner Besonderheiten, wie der parlamen-<br />

tarischen Kanzlerwahl oder des 'konstruktiven' Misstrauensvotums, wurden zügig und<br />

weitgehend einvernehmlich beschlossen.« 216 Ausnahmen dieser eher am Konsens<br />

orientierten Diskussionskultur bildeten die föderale Verfasstheit. Insbesondere der bay-<br />

rische Ministerpräsident Ehard versucht hier stark auf eine Föderalisierung Einfluss zu<br />

nehmen. Dennoch gelang es, eine Lösung herbeizuführen: »Die vollkommene Gleichbe-<br />

rechtigung von Bundesrat und Bundestag konnte nicht erzielt werden; sie wurde jedoch<br />

im wesentlichen durch eine Erweiterung des Katalogs der Gesetze, für die eine Zustim-<br />

mung des Bundesrats erforderlich wurde, sichergestellt.« 217 Dies wurde durch einen Kom-<br />

promiss bei der Frage der Bundesfinanzverwaltung ergänzt.<br />

Auch an den Akteuren lässt sich die Ambivalenz von Parteiarbeit und konkordantem<br />

Prinzip des Gremiums verdeutlichen. Zunächst am Vorsitzenden des Rats, Konrad Adenau-<br />

er: Zwar »schien das Amt Adenauers eher dem eines Parlamentspräsidenten als dem<br />

eines Regierungschefs vergleichbar« zu sein, dennoch nutzte Adenauer die Möglichkeiten,<br />

215 Hein (1985); S. 344<br />

216 Helms (1999); S. 148<br />

217 Feldkamp (1998); S. 134<br />

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