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pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

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▌ Verantwortungsethik<br />

Wenn obige Einwände aus der Perspektive der Mehrheit gegenüber der Minderheit der<br />

politisch Handelnden gelten, so sind sie aus der Perspektive des »guten« Politikers einfach<br />

auszuräumen. Dieser muss demnach seinen Führungsanspruch mit einer inneren Haltung<br />

verknüpfen, die ihr Handeln an ihrer Verantwortung misst. <strong>Heuss</strong> nennt dies mit Max We-<br />

ber »Verantwortungsethik.« Demgegenüber steht die »Gesinnungsethik.« Weber: »Der<br />

Verantwortungsethiker [...] fühlt sich nicht in der Lage, die Folgen eigenen Tuns, soweit<br />

er sie voraussehen konnte, auf andere abzuwälzen. Er wird sagen: diese Folgen werden<br />

meinem Tun zugerechnet. 'Verantwortlich' fühlt sich der Gesinnungsethiker nur dafür, daß<br />

die Flamme der reinen Gesinnung, die Flamme z. B. des Protestes gegen die Ungerechtig-<br />

keit der sozialen Ordnung, nicht erlischt.« 145 Ein strenger Diesseitsbezug (so wie <strong>Heuss</strong><br />

generell ein laizistischer Politiker war) und die Anerkenntnis, das »Demokratie Herrschaft<br />

auf Frist« sei.<br />

Das meint zum einen die Einsicht in die verfassungsmäßig festgelegten Fristen zwi-<br />

schen den Wahlen, und die Respektierung der in der Verfassung verankerten Limi-<br />

tierungen. Zum Anderen ist damit auch die rollenmäßige Selbstbeschränkung und die Ein-<br />

sicht in die eigene Begrenztheit verbunden, wie <strong>Heuss</strong> bereits 1928 formuliert. »Dass der<br />

morgige Wahltag eine Korrektur des heute bringen kann, bedeutet eine natürliche Züge-<br />

lung in der Demokratie, mildert die Gewalt der Herrschaft, mildert auch, wenigstens im<br />

theoretischen Anspruch, die Heftigkeit der Opposition.« 146<br />

Die Einsicht in die Befristung korrespondiert mit einer innerlichen Nüchternheit (die mit<br />

der Tugend des Maßes verwandt ist). Nüchternheit ist die Gegenhaltung zur »Romantik als<br />

Erziehungselement der Parteipolitik«, in der <strong>Heuss</strong> eines der größten Probleme der deut-<br />

schen politischen Kultur sieht. Ihre Bekämpfung ist demnach eine zentrale Aufgabe:<br />

»Wenn ich für unsere Generation oder unsere Richtung eine pädagogische Aufgabe sehe,<br />

so ist es die, den Menschen die Nüchternheit zur Pflicht zu machen.« 147<br />

Neben der »Verantwortungsethik« als zentraler ethischer Handlungsnorm, der intellek-<br />

tuellen Einsicht in seine eigene Begrenzung und dem Postulat der Nüchternheit als Tugend<br />

gehört zu diesem Themenfeld auch noch ein vierter Aspekt. Verantwortung bezieht sich<br />

demnach auch auf das konkrete politische Amt und auf seine Würde.<br />

▌ opposition und Verständigung<br />

Eine Haltung, die mit der von <strong>Heuss</strong> geforderten geistigen Autonomie des Politikers<br />

einhergeht, ist die, sich nicht prinzipiell einem Fraktionszwang zu unterwerfen. »Manche<br />

145 Weber (1999); Politik als Beruf; S. 442<br />

146 <strong>Heuss</strong> (1926); S. 86<br />

147 Henning (1981); <strong>Theodor</strong> <strong>Heuss</strong> an Thomas Dehler vom 25.11.1952; S. 83<br />

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