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pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

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Politischen formuliert, während <strong>Heuss</strong> sich diese Einmischung in der Regel verbeten hat.<br />

Dennoch trägt eine von <strong>Heuss</strong>' herausgehobener Position formulierte Ehrenamt-Propagan-<br />

da, dazu bei, dass sich immer mehr Menschen mit dem Thema auseinandersetzen, dass<br />

ehrenamtlicher Arbeit Respekt statt Misstrauen entgegengebracht wird und dass schließ-<br />

lich diese Menschen weitergehende Ansprüche formulieren, die dann mit den ursprüngli-<br />

chen Intentionen des Präsidenten nicht mehr übereinstimmen.<br />

Als das erste Mal die Zivilgesellschaft der Bundesrepublik auf die Probe gestellt wird,<br />

weil Adenauer und Strauß eine Ausgabe des SPIEGEL beschlagnahmen ließen und Chef-<br />

redakteur sowie Herausgeber unter Vorwurf des Landesverrats verhaften ließen, scheint<br />

<strong>Heuss</strong> zunächst in gewohnter Weise eher dem Staat als der Gesellschaft zu vertrauen:<br />

»Wir haben in Deutschland seit gestern eine völlig überraschende Spezialoffensive (s.<br />

heutige FAZ, Leitartikel von A. Rapp), die Verhaftung des Spiegel-Herausgebers Augstein<br />

und einiger seiner Redakteure. Da ich den Spiegel nicht lese, weiß ich selber nichts Ge-<br />

naues über die Hintergründe. Hoffen wir, dass der Bundesanwalt nicht leichtfertig vorging.<br />

Sonst macht er nur für diese Zeitung Reklame.« 328<br />

Der pauschale Vorwurf der »Gesinnungsethik« gegen kritische Öffentlichkeit gehört zu<br />

<strong>Heuss</strong>' Eigenheiten und aus heutiger Sicht spricht dies nicht unbedingt für <strong>Heuss</strong>' »Sinn<br />

für das Werdende«. Wie der überwiegende Teil des politischen Establishments hätte <strong>Heuss</strong><br />

wahrscheinlich, hätte er 1967 noch erleben können, ebenfalls nicht zwischen sozialis-<br />

tischer Verbalradikalität und einem darunter liegenden Paradigmenwechsel in der poli-<br />

tischen Kultur unterscheiden können. Das ist geradezu kennzeichnend für die<br />

Gründergeneration der Bundesrepublik geworden. Die politische Mitte hat erst in den<br />

Achtziger Jahren erkannt, dass das Wort »Bürgerinitiative« gerade mit ihren eher be-<br />

wahrenden Wertvorstellungen kompatibel ist und damit eine kommunitaristische Sicht auf<br />

die Bürgergesellschaft inspiriert. Sie ist seitdem beides – Kind des Ehrenamtsgedankens<br />

von <strong>Heuss</strong> und Kind einer partizipativen Politikvorstellung.<br />

▌ 2. Bindungen zwischen politik und Bevölkerung<br />

Neben der Bindung derjenigen, die das eigene Weltbild teilen, können Politiker über<br />

die Schaffung von verschiedenen Bindungsangeboten die Grundlage für eine Vertrauens-<br />

beziehung zwischen Regierenden und Regierten schaffen. Obgleich dies offen lässt, ob<br />

diese Bindungen in beide Richtungen wirken sollen oder nur eine Gruppe an die andere<br />

binden soll, so ist nachvollziehbar, dass es sich insbesondere aus dem <strong>Heuss</strong>schen Staats-<br />

verständnis heraus eher um Angebote zur Bindung der Bevölkerung an den Staat handelt.<br />

Dies geschieht zum Beispiel über Auszeichnungen. Mit dem Bundesverdienstkreuz ist eine<br />

Auszeichnung geschaffen worden, die in ihren unteren Klassen gerade das Engagement<br />

von »einfachen« Bürgern würdigt. Wenn diese einfachen Bürger innerhalb ihrer Umge-<br />

328 Pikart (1970); <strong>Heuss</strong> an Toni Stolper am 25.10.1962; S.507f.<br />

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