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pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

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Unverträglich ist diese Vorstellung von Engagement im Staat mit Partizipation im Sinne<br />

eines partizipativen Demokratieverständnisses. <strong>Heuss</strong> geht es außerhalb der staatlichen<br />

politischen Institutionen nur um eine Gabe von Unterstützung. Überspitzt gesagt: Partizi-<br />

pation ist dergestalt eine Anmaßung - unklar ist, inwieweit sie sogar als Risiko wahrge-<br />

nommen wird. Ganz im Sinne repräsentativ-demokratischer Vorstellungen werden Partizi-<br />

pationsmöglichkeiten auf die in längeren Abständen stattfindenden Wahlen oder die<br />

Mitarbeit in einer Partei begrenzt. Informelle Partizipation findet zwar empirisch statt (wie<br />

der Naumann-Kreis exemplarisch vorführt), wird jedoch nicht konzeptualisiert.<br />

Im Kern dieser Vorstellung stehen dem Idealismus der »vielen Freiwilligkeiten« ein<br />

hierarchisches und monopolistisches Staatsverständnis gegenüber. <strong>Heuss</strong> überwindet<br />

diesen Widerspruch durch die meritokratische Konstruktion der Führungsauslese durch<br />

Engagement.<br />

Wenn dieses Konzept den selbstbewussten politischen Anführer innerhalb einer poli-<br />

tischen Elite voraussetzt, so stellt <strong>Heuss</strong> an diesen einige ethisch-moralische An-<br />

forderungen. An erster Stelle ist die Unabhängigkeit zu nennen, die ihn frei in der Ent-<br />

scheidung und der Kommunikation macht. Die eigenen Interessen finden demnach eine<br />

Begrenzung in den Interessen der Anderen. Demokratie wird als ein Regel-Arrangement<br />

verstanden, dass Herrschaft befristet und demnach muss ein Politiker diese Befristung ak-<br />

zeptieren – die verfassungsmäßige zeitliche Befristung, die Befristung der Aufgaben, und<br />

auch eine Kultur des »Maßes« als Handlungsnorm internalisieren. Das dahinter stehende<br />

moralische Prinzip ist das der »Verantwortungsethik.« Der Bevölkerung gegenüber wird<br />

hieraus ein erzieherischer Auftrag abgeleitet.<br />

Wenn man wiederum Weber vergleichend neben <strong>Heuss</strong> stellt, findet man die Nähe zu<br />

dessen Vorstellung vom idealen Politiker: »Man kann sagen, dass drei Qualitäten vor-<br />

nehmlich entscheidend sind für den Politiker: Leidenschaft - Verantwortungsgefühl -<br />

Augenmaß.« 154 Bei <strong>Heuss</strong> wird damit ein eher konkordantes Oppositionsverständnis ver-<br />

bunden, das Interessenpolitik und Gemeinwohlausrichtung verbindet, wenngleich letztere<br />

prioritär zu sein scheint.<br />

Zu einem bildungsbürgerlichen Konzept werden diese Vorstellungen nicht zuletzt des-<br />

wegen, weil die meritokratische Vorstellung der Auslese über einen verdeckten Inklusions-<br />

mechanismus vollzogen wird, der Bildung. In der Selbstbeschreibung erscheint das Kon-<br />

zept also als eine meritokratische auf Freiwilligkeit basierende Vorstellung, auf einer<br />

reflexiven Ebene fällt auf, dass die Inklusionsmechanismen vorhandene Ungleichheit ver-<br />

stärken und »auf die eigene Sozialgruppe« zulaufen.<br />

154 Weber (1999); Politik als Beruf; S. 435<br />

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