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pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

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ung meistens zur Führungsoligarchie gehören dürften (Gemeinderatsmitglieder, Vor-<br />

sitzende, ...), so verwurzelt diese Auszeichnungspraxis die Identifikation mit dem Staat im<br />

ganzen Land. Heute gibt es wohl kaum einen größeren Ort, in dem nicht ein Bundesver-<br />

dienstkreuz-Träger wohnen würde. Die Tatsache, dass auch diejenigen ausgezeichnet<br />

werden, die sich über langjähriges Engagement zum Beispiel in Vereinen verdient ge-<br />

macht haben, lässt dem Orden ein besonderes Renommee zukommen. Zudem können<br />

Vorschläge zur Auszeichnung von jedem Bürger eingereicht werden.<br />

Ein weiteres Bindungsangebot ist die regelmäßige Sylvesteransprache des Präsidenten.<br />

Diese bietet die Gelegenheit, einmal im Jahr auch denen seine Gedanken vorzutragen, die<br />

sich nicht für Politik interessieren. Wenn auch derartige Ansprachen nicht zu spezifischer<br />

Unterstützung beitragen, so doch zu diffuser – gerade dadurch, dass sie Teil einer ge-<br />

meinsamen Feierpraxis sind. Heute beginnt der Fernseh-Sylvesterabend mit »Dinner for<br />

one« und meistens führt er dann über die »Tagesschau« zur »Neujahrsansprache des<br />

Bundeskanzlers«. Ein zweifellos sein Image prägendes Merkmal ist es, dass <strong>Heuss</strong> auch in<br />

diesen auf breitere Wirkung ausgerichteten Reden den Zuschauern und Zuhörern eine ge-<br />

wisse Fähigkeit zur politischen Abstraktion zumutete, also auf ein ausgewogenes Verhält-<br />

nis von affektiven und kognitiven Anteilen achtete.<br />

Wenn vom Image die Rede ist, muss auch die generelle Außenwirkung von <strong>Heuss</strong> the-<br />

matisiert werden. Diese hat ihn zu einem der populärsten Politiker in Deutschland ge-<br />

macht - Papa <strong>Heuss</strong>. Wie beschrieben wurde, sah <strong>Heuss</strong> die »Verkitschung« seiner Per-<br />

son, was meinte, dass seine intellektuellen Vorstellungen nur ungenügenden Einfluss auf<br />

sein Image hatten. Das bedeutet, dass nur eine Minderheit der Bevölkerung diesen Prä-<br />

sidenten bereit war als den Schriftsteller/Literaten/Bildungsbürger zu sehen, eine Min-<br />

derheit der Multiplikatoren der Meinung war, ihn als diesen darstellen zu müssen und dass<br />

das Bundespräsidialamt keine Erfahrungen mit zielgerichteter Öffentlichkeitsarbeit hatte.<br />

Wenn der intellektuelle <strong>Heuss</strong> zu wenig wahrgenommen wurde und der humorige um-<br />

gängliche <strong>Heuss</strong> zu stark, dann ist das freilich ein Problem, an dem <strong>Heuss</strong> auch selbst be-<br />

teiligt war. Es entspringt neben dem eigenen Wesen auch auch der eigenen Kalkulation.<br />

Nicht das Volk trägt die Verantwortung für die »Verkitschung«. Sie ist sowohl im Rollen-<br />

profil des Bundespräsidenten angelegt, als auch durch dessen konkrete Ausfüllung form-<br />

bar.<br />

▌ 3. Förderung von Wissenschaft und Kultur<br />

Wenn bereits festgestellt wurde, dass <strong>Heuss</strong> seine Zeichenpolitik wie kaum ein anderer<br />

Präsident auf die bildungsbürgerliche Schicht ausrichtete, so ist das bereits eine Teilant-<br />

wort auf die Frage, welchen gesellschaftlichen Gruppen er einen informellen Zugang zum<br />

politischen System eröffnete. Dies lässt sich allerdings genauer spezifizieren. Zunächst<br />

sind die viele seiner Weggefährten, die sich nun zu einem großen Teil im Ausland be-<br />

finden. Eine andere ist die jüdische Bevölkerung, der er sich in besonderem Maße ver-<br />

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