pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg
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treffen ist und die Arbeit in Herrenchiemsee auch weitestgehend das Ende der Einfluss-<br />
nahme der Landesregierungen bedeutete: »Obwohl der Entwurf des Verfassungskonvents<br />
nicht den Charakter einer offiziellen Vorlage an den Parlamentarischen Rat erhielt, so<br />
hatten die Ministerpräsidenten auf Herrenchiemsee doch umfassend zur Arbeit an einer<br />
westdeutschen Verfassung beitragen können und für den Parlamentarischen Rat 'wertvolle<br />
Vorarbeiten' geleistet. Ihre Mitarbeit war damit aber auch weitestgehend erschöpft.« 211<br />
Als Vertreter Württemberg-Badens beim Herrenchiemseer Konvent nehmen Kurt Held und<br />
Josef Beyerle teil, nicht <strong>Theodor</strong> <strong>Heuss</strong>.<br />
▌ Parlamentarischer Rat<br />
Während der Einfluss von <strong>Heuss</strong> auf die Positionen der Ministerpräsidentenkonferenzen<br />
relativ gering gewesen ist, weil er seine Rolle als Parteivorsitzender nicht einsetzte,<br />
änderte sich dies im Parlamentarischen Rat: In der sechsköpfigen FDP-Delegation war er<br />
der Fraktionsvorsitzende. Daneben eher gemäßigte bis linke ehemalige DDPler, auch aus<br />
Ländern delegiert, »deren liberale Organisationen zum Kern des sich mehr und mehr<br />
formierenden rechten Flügels gerechnet werden mussten« 212 Nur ein Vertreter, Max Be-<br />
cker aus Hessen kam aus der Weimarer DVP. Diese eher zufällige Konstellation stärkte<br />
<strong>Heuss</strong>' Position. Zudem entsprach der eher durch die Materie geforderte konsensuelle Stil<br />
des Gremiums seinen politischen Fähigkeiten und seinen politischen Grundvorstellungen.<br />
<strong>Heuss</strong> konnte zudem Positionen durchsetzen, die innerparteilich umstritten waren: Das<br />
beginnt bei der Befürwortung des Verfassungsentwurfs an sich und führt insbesondere zu<br />
einem moderaten Föderalismusverständnis und einer Festlegung auf ein parlamen-<br />
tarisches statt eines präsidentiellen Systems. <strong>Heuss</strong> sprach rückblickend davon im<br />
parlamentarischen Rat »zwischen CDU und SPD mit meinen Freunden eine Art von<br />
Schlüsselfigur« gewesen zu sein. 213 Zum Einen ergibt sich diese Konstellation rein funktio-<br />
nal aus der Fraktions-Arithmetik und dem zahlenmäßig geringen Einfluss der FDP.<br />
Andererseits ist dies Schlüsselstellung gerade das Ergebnis von <strong>Heuss</strong>' Positionierung. So<br />
gelang es ihm, die Arbeit der Fraktion gegenüber der Bundespartei abzusichern. 214 Inner-<br />
parteilich bewegten sich die FDPler im Parlamentarischen Rat auf schmalen Fundament:<br />
»Ihr Standpunkt wurde allerdings in der Partei nur von einer, wenngleich zahlenmäßig be-<br />
deutenden, Minderheit, nämlich den vier süddeutschen Landesverbänden uneingeschränkt<br />
211 Feldkamp (1998); S. 32<br />
212 Hein (1985); S. 328; In der Fraktion befanden sich: <strong>Heuss</strong>, Höppker-Aschoff (später Präsi. d.<br />
Bundesverfassungsgerichts), Reif (später MdB, MdA Berlin), Dehler (später Justizminister), Schäfer<br />
(später Min. f. bes. Aufgaben) und Becker (später Vizepräsident d. Bundestages)<br />
213 Kohler (1989); Rede vor der evangelischen Akademie in Bad Boll am 29.09.1955; S. 35<br />
214 vgl. Hein (1985); S. 331<br />
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