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pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

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damit das Rollenprofil der Präsidentengattin bis heute definierend ist die Tatsache, dass<br />

sie das Amt nutzt, um Publizität für soziale Zwecke zu erzeugen und die Rolle der<br />

»Landesmutter« mit einer Funktion verknüpft. Dies war weder für das Amt des Reichsprä-<br />

sidenten geschehen, noch für das Amt des Bundeskanzlers. Hauptschwerpunkt ihrer so-<br />

zialen Aktivitäten war die Gründung des »Müttergenesungswerks«, das heute den Namen<br />

»Elly <strong>Heuss</strong>-Knapp-Stiftung« trägt. Auch ihre Nachfolgerin, Wilhelmine Lübke gehörte zu<br />

diesem Typ Frau, ohne den die Amtsausübung des Mannes nur schwer vorstellbar war. In-<br />

sofern sind beide traditionsbildend tätig gewesen.<br />

Nun wäre es eine starke Verkürzung, Elly <strong>Heuss</strong>-Knapp als Mutter des modernen Fe-<br />

minismus zu sehen und sie quasi zur älteren Schwester Alice Schwarzers zu machen– den<br />

zu ihrer Modernität gehört auch eine Portion Konservatismus und eine Religiosität, die bei-<br />

spielsweise ihr Mann gar nicht teilte. Sätze wie der nachfolgende entsprechen nicht dem,<br />

was wir heute unter Chancengleichheit verstehen: »Nichts ist von der Frau aus gesehen<br />

kurzsichtiger als z. B. die Erleichterung der Ehescheidung, denn immer sind die Kinder der<br />

leidende Teil.« Auch entspricht die Annahme von der Familie als Kernelement neuer Ge-<br />

schlechterbeziehungen wohl nur bedingt auf Zustimmung gerade der Frauen in Führungs-<br />

positionen: »Die Erhaltung und Festigung der Familie ist tatsächlich der Angelpunkt für<br />

eine neue Sozialpolitik.« 162 Symptomatisch indes ist die retrospektive Wahrnehmung<br />

allein ihres karitativen Engagements und als Beiwerk ihres Mannes. Dies ist möglicher-<br />

weise aber auch dem Umstand geschuldet, dass sie bereits im Juli 1952 im 71. Lebensjahr<br />

verstirbt.<br />

4.2 <strong>Heuss</strong> als Parteipolitiker<br />

In GremienSitzungen seine Zeit zu verbringen und Mehrheiten zu organisieren war<br />

weniger die Sache von <strong>Theodor</strong> <strong>Heuss</strong>. Eher entsprach er dem Modell des sich über größe-<br />

re Linien definierenden Honoratiorenpolitikers, der seinem parlamentarischen <strong>Kolleg</strong>en ge-<br />

legentlich Toqueville zur Lektüre empfiehlt. Gleichwohl wird er aber am Ende der vierziger<br />

Jahre erster Vorsitzender der Freien Demokratischen Partei sein. Im Folgenden soll<br />

deshalb seine Rolle als Parteipolitiker nachvollzogen werden.<br />

Gerade die Liberalen, die vor 1933 politisch aktiv waren, hatten 1945 eine klare Vor-<br />

stellung davon, was sie nicht wollten. Die Weimarer Zeit hatten sie als eine Entwicklung<br />

der Zersplitterung und zunehmenden Einflusslosigkeit erfahren. Dies galt es nun dauerhaft<br />

zu überwinden. Bereits im August 1945 schrieb <strong>Heuss</strong>: »Es ist in höchstem Maße wün-<br />

schenswert, dass die alten Parteiformierungen nicht einfach in dem Stile wiederkehren,<br />

162 Pikart /Mende (1967); Elly <strong>Heuss</strong>-Knapp vom 15.01.1949; S. 264<br />

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