29.01.2013 Aufrufe

pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ich längst nicht mehr. Sie sind von ihr so angetan, dass Sie sie bis zum - wie ich fürchte -<br />

tragischen Ende durchführen werden.« 151 Dies nur als eine nette Eigentümlichkeit von<br />

<strong>Heuss</strong> zu sehen, wird der Zentralität solcher qualitativen Vorstellungen nicht gerecht. Der<br />

souveräne Umgang mit dem bildungsbürgerlichen Arsenal wird zu einem zentralen Ein-<br />

schlusskriterium. Anders gesagt: Es ist nicht genug, sich seine Meriten im Ehrenamt<br />

erworben zu haben, »Bildung« erscheint als weitere, aber weniger explizit formulierte<br />

Voraussetzung neben dem Engagement: Der meritokratischen Vorstellung wird ein bil-<br />

dungselitäres Element beigefügt.<br />

Damit verbunden ist auch die Zentralität von Geschichte als Deutungskategorie: »Bei<br />

dieser staatsmännischen Aufgabe wird immer mit etwas davon abhängen, was man an<br />

Geschichte mit weiß, um das Gewicht der Geschichte mit abzuwägen. Das ist einmal die<br />

Kraftreserve, es ist aber ein andermal die hemmende Last. Man darf nicht der Sklave des<br />

Gewesenen sein, aber ein Glück, wenn man einen Spürsinn für das Werdende zu besitzen<br />

glaubt, und noch besser, wenn man ihn besitzt.« 152<br />

Träger des Staats sind nach <strong>Heuss</strong>' Vorstellungen die in »Eigenverantwortung<br />

verwurzelten« Bürger. Damit wird neben geistiger auch ökonomische Unabhängigkeit ver-<br />

standen. Eine wichtige staatliche Rolle spielt demnach der ökonomische Mittelstand: »Die-<br />

ser so genannte Mittelstand mit seiner verhältnismäßigen ökonomischen Unabhängigkeit<br />

und Beweglichkeit ist aus seiner ganzen Lage heraus staatserhaltend.« 153<br />

3.4 Zusammenfassung<br />

Im Zentrum von <strong>Heuss</strong>' Überlegungen steht die Idee der Bürgergesinnung. Kern der Vor-<br />

stellung ist ein altruistisch motivierter Ehrenamtsbegriff. Die Ehre des Amtes ist demnach<br />

eine Auszeichnung – keine Belastung und auch nicht in erster Linie dem persönlichen<br />

Nutzen zuarbeitend. Deshalb sollen Bürger Ehrenämter im gesellschaftlichen wie im staat-<br />

lichen Bereich übernehmen (wollen). Ehrenamt soll Grundlage und Ergebnis eines Auslese-<br />

prozesses sein, der durch die ehrenamtliche Arbeit selbst gesteuert wird. Der Staat soll<br />

also von einer politischen Elite getragen werden, die aus einem Ausleseprozess der »Be-<br />

währungen« hervorgegangen ist. Das grundlegende Ehrenamt ist <strong>Heuss</strong> zufolge das staat-<br />

liche, wobei die Verbindung zum sozialen Ehrenamt nicht eindeutig beschrieben ist. Es ist<br />

anzunehmen, dass der vertikale Ausleseprozess sich vor allem auf diese staatlichen<br />

Ehrenämter bezieht.<br />

151 Henning (1983); Brief an Thomas Dehler vom 28.05.1953; S. 97<br />

152 <strong>Theodor</strong> <strong>Heuss</strong> (1950); S. 40<br />

153 <strong>Heuss</strong> (1926); S. 190<br />

58

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!