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pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

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aber über Fraktionssitzungen ihren Einfluss aus. 190 »<strong>Heuss</strong> hatte es allerdings abgelehnt,<br />

als Parteiführer und durch persönliche Anwesenheit direkten Einfluss auf den Gang der<br />

Koblenzer Verhandlungen der Ministerpräsidenten zu nehmen. Für diese unter den west-<br />

deutschen Liberalen keineswegs unumstrittene Entscheidung lassen sich die Gründe leider<br />

nur vermuten, da Aussagen von <strong>Heuss</strong> selbst fehlen.« 191 Die Tatsache freilich, dass <strong>Heuss</strong><br />

dies nicht tat, ist gerade vor dem Hintergrund der beginnenden parteipolitischen Pro-<br />

filierungen der bundesweiten Kräfte verwunderlich. Einmal deshalb, weil dadurch der<br />

Einfluss der württembergisch-badenschen DVP auf die Gestaltung der Bundespolitik po-<br />

tenziell geschwächt wurde und zweitens die Funktion des Parteivorsitzenden von vornher-<br />

ein nicht in der Art genutzt wurde, wie dies Adenauer oder Schuhmacher zur Durch-<br />

setzung ihrer Politik taten.<br />

▌ Charakter des Staats und Verfassungsgebung<br />

Die Ministerpräsidenten wichen an einigen Stellen sehr deutlich von den Frankfurter<br />

Dokumenten ab: So wünschten die Anwesenden zwar eine engere Kooperation der drei<br />

Westzonen aber eine gleichzeitige Ablehnung eines finalen westdeutschen Staats um das<br />

Ziel der deutschen Einheit nicht zu gefährden. Bei diesem neuen Staatsgebilde sollte es<br />

sich »lediglich um ein Provisorium« handeln. Jung beschreibt das sich aus der Aufgaben-<br />

stellung ergebene Dilemma: »Ergriffen sie die ihnen seit der Londoner Sechs-Mächte-Kon-<br />

ferenmz gebotene Chance, fürchteten sie die faktische Teilung Deutschlands festzu-<br />

schreiben.« 192 Zudem fürchtete man die Einheitspropaganda, die von östlicher Seite zu<br />

erwarten gewesen wäre, die in Einklang mit erwarteter rechtsextremistischer Obstruktion<br />

das Anliegen zu einem schweren politischen Kampf machen könnte. 193 Für den Verzicht<br />

auf die naheliegende und von den Alliierten ausdrücklich geforderte direkte Legitimation<br />

musste eine Rechtfertigung für die Ausnahme von der demokratischen Regel gefunden<br />

werden: Die daraus entspringende später stilbildende Konstruktion war das Konzept der<br />

»Überlegitimation.« Eine zu direkte und eindeutige Legitimation hätte demnach suggeriert,<br />

dass das »Provisorium« zum finalen Gebilde werden würde. 194 Zudem suchte man nach<br />

einer Möglichkeit, den Alliierten die politische Verantwortung für die Verfassung zu über-<br />

tragen: Die Rede war von einem »politischen Alibi«, dass vor neuen Dolchstoßlegenden<br />

schützen sollte. Allgemein befanden sich die Beteiligten in dem Dilemma, die Konsequenz<br />

aus der faktischen Teilung Deutschlands ziehen zu müssen um den Wiederaufbau<br />

voranzubringen ohne die Teilung Deutschlands zementieren. Heß arbeitet heraus, wie<br />

190 Hein (1985); S. 327 (Anmerkung Nr. 43)<br />

191 Heß (1985); S. 119<br />

192 Jung (1994); S. 209<br />

193 Jung (1994); S. 211<br />

194 ein Beispiel für diese Übernahme aus dem Jahr 1960 findet sich bei Fromme (1999); S. 17<br />

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