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pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

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»primär als Vorkämpferin der freien Marktwirtschaft, als Sammlungsbewegung der antiso-<br />

zialistischen Kräfte sollte sich die neue liberale Partei verstehen.« 176<br />

Das bedeutete, dass <strong>Heuss</strong> immer stärker in innerparteiliche Auseinandersetzungen<br />

verwickelt wird. Diese Entwicklung geht einher mit der generellen Ausdifferenzierung des<br />

Parteiensystems: Parteien werden als politische Akteure zunehmend wichtiger. Bis zur<br />

ersten Bundestagswahl wanderte die politische Gestaltungsmacht schließlich von den<br />

Ministerpräsidenten zu den Parteien und für den Parteivorsitzenden muss dies bedeuten,<br />

zunehmend »apparatförmige« Parteipolitik zu organisieren, eine Rolle, die <strong>Heuss</strong> nur be-<br />

dingt liegt.<br />

▌ Aufstieg der Parteien<br />

Sehr bedeutend für diesen Aufstieg der Parteien zu zentralen gestaltenden Akteuren,<br />

die begannen, den Landesregierungen in der politischen Bedeutung Konkurrenz zu ma-<br />

chen, war die Gründung des Wirtschaftsrats der Bizone am 25. Juni 1947 in Frankfurt.<br />

Denn mit seiner Errichtung wurde ein erster (52 Personen umfassender) überzonaler poli-<br />

tischer Nukleus geschaffen, der nicht nur koordinierend tätig wurde, sondern auch poli-<br />

tische Entscheidungen treffen konnte. In der FDP-Fraktion des Wirtschaftsrats dominierten<br />

die Vertreter des rechten Flügels und somit gewann er für diese auch im innerparteilichen<br />

Bereich eine strategische Bedeutung. »Seit die Militärregierungen zudem im August 1947<br />

auch noch die Inkompatibilität von Landtagsmandat bzw. Regierungsamt festgeschrieben<br />

hatten, sprach aus Eulers und vor allem Blüchers Entscheidung für die Frankfurter Auf-<br />

gabe unübersehbar die Überzeugung, dass der Wirtschaftsrat weit mehr als nur eine Ver-<br />

tretungskörperschaft dieser oder jener wirtschaftspolitischer Detailfrage sein werde.« 177<br />

Auch in der medialen Wahrnehmung spielen die Frankfurter Fraktionen eine immer<br />

wichtigere Rolle. Unter anderem wird hier der Grundstein für die spätere Regierungskoali-<br />

tion unter Adenauer gelegt. »Die Durchsetzung des bayrischen Wirtschaftsprüfers Jo-<br />

hannes Semler auf der zweiten Vollsitzung des Wirtschaftsrats Ende Juli 1947 als Direktor<br />

für die Verwaltung der Wirtschaft (d.h. Wirtschaftsminister) gegen den Anspruch der SPD<br />

auf dieses für die künftige Wirtschaftspolitik in Westdeutschland so wichtige Amt machte<br />

diesen Tatbestand ebenfalls deutlich.« 178 Im Frühjahr 1948 wurde übrigens mit den<br />

Stimmen dieser Koalition Ludwig Erhard (auf Vorschlag der FDP-Fraktion) als Nachfolger<br />

für Semler gewählt. Treffend schildert Franz-Josef Strauß das Selbstbewusstsein der Wirt-<br />

schaftsrat-Abgeordneten: »Wir im Frankfurter Wirtschaftsrat haben auf die Verfassungs-<br />

176 Hein (1985); S. 352<br />

177 Hein (1985); S. 322<br />

178 Rupp (2000); S. 58<br />

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