pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg
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'<strong>Kolleg</strong>en' oder einen 'Regierenden' aus einem anderen Land im 'neuen Deutschland' will-<br />
kommen hieß.« 262 Ab 1956 unternimmt <strong>Heuss</strong> selbst Staatsbesuche, der erste führt nach<br />
Griechenland. Die Zahl der Visiten ist relativ überschaubar, es folgen Aufenthalte in Rom<br />
(Italien und Vatikan), der Türkei, Kanada, den USA und Großbritannien. Gerade in der<br />
zweiten Amtszeit häufen sich in persönlichen Briefen die Klagen vor allem über die mit<br />
dem Protokoll verbundenen Repräsentationspflichten.<br />
Ein besonderes auch intellektuelles Interesse hat <strong>Heuss</strong> an Israel. Außenpolitisch<br />
zentral sind die Luxemburger Verhandlungen über ein Wiedergutmachungsabkommen,<br />
das 1952 in höchst kontroverser Atmosphäre verabschiedet wurde. Den komplizierten<br />
Verhandlungsprozess begleitete <strong>Heuss</strong> informell. Überraschend dies: Wenngleich <strong>Heuss</strong><br />
und Adenauer in einer Politik der »Sonderbeziehungen« zu Israel übereinstimmten, so<br />
wird die Abstimmung über das Abkommen, das ein Volumen von 3,5 Milliarden DM an<br />
Sach- und Kapitalleistungen bis 1966 umfasste, nur mit den Stimmen der SPD ge-<br />
wonnen. 263 1960 wird <strong>Heuss</strong> als Privatmann das Land bereisen.<br />
▌ Auszeichnungen<br />
Eine im öffentlichen Leben weithin sichtbare Funktion des Präsidentenamts ist es, im<br />
Namen des Staats Anerkennung und Dank für Verdienste auszusprechen. Bereits im Juni<br />
1950 stiftet <strong>Theodor</strong> <strong>Heuss</strong> das »Silberne Lorbeerblatt«, eine Auszeichnung für sportliche<br />
Leistungen. Im Rückblick kommt <strong>Heuss</strong> hier auf die symbolische Bedeutung zu sprechen,<br />
die eine solche Gabe hat. Mit ihr sollen keine materiellen Vorteile verknüpft werden, son-<br />
dern auf einer anderen Ebene die Anerkennung ausgesprochen werden: »Es war die<br />
Frage, etwas zu finden, was im Symbolcharakter und nicht im Besitzsein gewürdigt<br />
wird.« 264<br />
Ein Jahr später wird mit dem »Erlaß über die Stiftung des Verdienstordens der<br />
Bundesrepublik Deutschland« 265 der Bundesverdienstorden mit einem umfangreichen Sys-<br />
tem an Klassen gestiftet. Bis heute ist es gängige Praxis, die unteren Klassen dieses<br />
Ordens, das Verdienstkreuz am Bande oder die Verdienstmedaille als Anerkennung für<br />
besonderes gesellschaftliches Engagement zu verleihen und so ein wirksames Instrument<br />
der Bindung zwischen Gesellschaft und Staat zu schaffen. Im breiten Bewusstsein ist dies<br />
die zentrale Auszeichnung der Bundesrepublik geworden.<br />
Wenn die Stiftung von Auszeichnungen als selbstverständliche Konsequenz von Staat-<br />
lichkeit erscheint, ist es dies vor dem Hintergrund der eingeschränkten Souveränität der<br />
262 Bott (1966); S. 91<br />
263 Bracher/Eschenburg/Fest/Jäckel/Schwarz (1981); S. 186<br />
264 Dahrendorf/Vogt (1984): Stilfragen der Demokratie; S. 460<br />
265 Erlaß über die Stiftung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland vom 7. September<br />
1951; vgl. Bundespräsidialamt (2001)<br />
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