pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg
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die sich ihm boten für eine Profilierung in Richtung Kanzlerschaft: »Als Ratspräsident<br />
wurde er [...] zum alleinigen Sprecher der (west-)deutschen Seite mit den drei Besatz-<br />
ungsmächten. Auch fasst er sein Amt als höchste Repräsentanz der (west-)deutschen<br />
Kräfte oberhalb der Länderebene auf. [...] Schließlich festigte er die eigene Führungsrolle<br />
in der CDU/CSU, obschon er sich um die Details der Grundsatzberatungen nur in wenigen<br />
Ausnahmefällen kümmerte, und wurde für die breitere Öffentlichkeit neben Kurt Schuh-<br />
macher, in dem viele den zukünftigen Kanzler sahen, eine 'Figur'.« 218 <strong>Heuss</strong> kritisierte<br />
diese wenig auf die Details der eigentlichen Arbeit konzentrierte Politikstrategie, gleichfalls<br />
bot der Parlamentarische Rat auch ihm das Feld, sich zu profilieren, gerade als Gegen-<br />
modell zu Adenauer, als der Intellektuelle in der Politik.<br />
Mit anhaltender Arbeit veränderte sich das Verhältnis der Abgeordneten zum Arbeits-<br />
auftrag, eine Verfassung für ein »Provisorium« zu schaffen. »Für die meisten Parlamenta-<br />
rier stand jedoch bald fest – und mit zunehmenden Gedeihen des Werkes mag die<br />
Erwartung gewachsen sein, den Aufwand für mehr als ein Provisorium zu betreiben -,<br />
dass das Grundgesetz 'vor allem im geografischen Sinne' [<strong>Heuss</strong>] als Provisorium zu ver-<br />
stehen sei, 'strukturell' aber etwas geschaffen werden sollte, was den Staat neu zu<br />
organisieren vermochte und die 'Tore zu einer besseren Zukunft Deutschlands' [Schmid]<br />
öffnete.« 219 Bauer-Kirsch zitiert hier <strong>Theodor</strong> <strong>Heuss</strong>, der nüchtern mit Blick auf die Ko-<br />
blenzer Beschlüsse feststellt: »Es ist beschlossen worden, keine Verfassung zu machen.<br />
Tatsächlich machen wir eine Verfassung.« 220<br />
Die Themenfelder, in denen <strong>Heuss</strong> sich in besonderer Weise eingebracht hat, hier dar-<br />
stellen zu wollen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Schließlich gehörte er den<br />
wichtigsten Gremien an, dem Hauptausschuss und dem Ausschuss für Grundsatzfragen. In<br />
dieser Perspektive ist alles relevant – und <strong>Heuss</strong> hat intensiv von seinem Recht Gebrauch<br />
gemacht, sich an Debatten zu beteiligen.<br />
Von hervorgehobenen Interesse sind auch aus der Verfassungstradition die Grundrech-<br />
te. Im Grundsatzfragen-Ausschuss einigte man sich darauf, der Verfassung wieder einen<br />
Katalog von Grundrechten voranzustellen. Diese sollten allerdings vom Umfang her<br />
beschränkt werden und nicht die sozialen oder wirtschaftlichen Grundrechte umfassen.<br />
Dafür sollten sie eine möglichst konkrete Rechtswirkung statt eine symbolischen Wirkung<br />
entfalten können, was noch in Weimar anders war. 221 »Der Ausschuss wollte, dass die<br />
Grundrechte soweit wie möglich konkretisiert und für Verwaltung, Rechtsprechung und<br />
Gesetzgeber bindend werden, also ihrer Substanz nach unverlierbar werden.« 222<br />
218 Pikart (1976); S. 23<br />
219 Bauer-Kirsch (2002); S.176f.<br />
220 Bauer-Kirsch (2002); <strong>Heuss</strong> im Ausschuss für Grundsatzfragen am 9.November 1948 ; S. 177<br />
221 Llanque (2000); S. 131<br />
222 Feldkamp (1998); S. 63<br />
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