pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg
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Repräsentation angelegt ist, bietet Zeichenpolitik mit die wirkungsvollste Möglichkeit, eine<br />
Bindungswirkung zwischen politischem System und Bevölkerung zu erreichen. Zur Spra-<br />
che kommen muss also nicht nur, dass <strong>Heuss</strong> in besonderem Maße zeichenpolitisch agier-<br />
te, sondern hier ist das »wie« zu analysieren sowie das Verhältnis von »weicher« Zei-<br />
chenpolitik zu »harter« rationaler Politik.<br />
1.5 Horizontale Integration<br />
Politik besteht nicht nur aus der vertikalen Integration einer Bevölkerung in das poli-<br />
tische System, in dem Politiker und Bürger sich gegenüberstehen. Darüber hinaus struktu-<br />
riert sie auch die Kommunikationsbeziehungen der Menschen untereinander. Sie integriert<br />
also auch horizontal. Das Dilemma, das sich in funktional differenzierten Gesellschaften<br />
einstellt, ist, dass gerade Vertrauen und damit Unterstützung in hohem Maße personenab-<br />
hängig ist und sich somit horizontal wesentlich besser entfalten kann als auf der vertikalen<br />
Ebene. Gleichzeitig wird aber auf der vertikalen Ebene eine abstrakte Form von System-<br />
vertrauen vorausgesetzt, die unabhängig von Personen sein muss. Luhmann nennt dieses<br />
im Gegensatz zum interpersonalen Vertrauen »Zuversicht«: »Ein Mangel an Zuversicht<br />
und das Bedürfnis nach Vertrauen [können demnach] einen Teufelskreis bilden. Ein Sys-<br />
tem – ökonomisch, legal oder politisch – erfordert Vertrauen als Eingangsbedingung.<br />
Ohne Vertrauen kann es in ungewissen oder riskanten Situationen keine unterstützenden<br />
Handlungen stimulieren. Gleichzeitig können die strukturllen und operationalen Eigen-<br />
schaften eines solchen Systems Zuversicht zur Erosion bringen und dadurch eine der<br />
wesentlichen Bedingungen des Vertrauens untergraben. 33<br />
Auch Offe macht deutlich, dass diese funktionalen Konsequenzen dafür sorgen, dass<br />
moderne Gesellschaft zu großen Teilen misstrauensbasiert sind, was sich vor allem auf der<br />
vertikalen Ebene äußert: »Demokratien verbinden ein Minimum an Gelegenheiten zur Ver-<br />
trauensbildung zwischen mir und allen anderen mit einem Maximum an Wirkungen, die<br />
alle anderen an mich zur Geltung bringen können.« 34<br />
Hieraus lassen sich verschiedene Konsequenzen ziehen, indem man personale Sub-<br />
stitute von vertikalem Vertrauen schafft. Offe schlägt dies erstens über »Vertrau-<br />
enskategorien« vor. Hierbei handelt es sich um identifikatorische Gemeinsamkeiten, die<br />
aus gleichen oder vorgestellt gleichen Eigenschaften entspringen. Zweitens über »Institu-<br />
tionenvertrauen.« Demnach müssen auf derartiger Vertrautheit basierende Institutionen<br />
einen erkennbaren Sinn haben, an den normativ an sie gerichteten Erwartungen aus-<br />
gerichtet sein und die Verletzung ihrer Funktionsprinzipien wirksam sanktionieren. Dritte<br />
33 Luhmann (2001); S. 157<br />
34 Offe (2001); S. 264<br />
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