pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg
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Baden den bayerischen Verfassungsvorstellungen nicht allzufern, auch wenn man in Stutt-<br />
gart die Zentralgewalt stärker als in München ausbauen wollte.« 201 <strong>Heuss</strong> nimmt eine<br />
mittlere Position ein. Er betont die Notwendigkeit einer sinnvollen Balance zwischen den<br />
föderalen Teilen: »Wenn man an eine föderative Gestaltung Deutschlands denkt, so muss<br />
das Bestreben sein, nachdem der Großkörper Preußen verschwunden ist und die Kleinge-<br />
bilde (Braunschweig, Anhalt usf.) aufgesogen, die Glieder ungefähr entsprechend zu hal-<br />
ten.« 202 Insbesondere die südwestdeutsche Vereinigung würde hier die »zentripetalen<br />
Strömungen in Bayern« unterstützen. Diese Denkweise findet sich auch in seinem 1945er<br />
Gutachten: »Dass Bayern, die Heimat des Nationalsozialismus, als abgeschlossenes Staa-<br />
tengebilde nun unter partikularistischer Leitung mit vielleicht klerikalem Einschlag erhalten<br />
blieb, während die beiden Staaten der demokratischen und liberalen Tradition, Württem-<br />
berg und Baden, zerschnitten sind, erscheint für die deutsche Gesamtentwicklung als<br />
wenig erfreulich.« 203 Insofern kommt implizit dem Zentralstaat die Aufgabe zu, diese Ba-<br />
lance zu gewährleisten und den »hegemonialen Föderalismus« des Kaiserreichs im Kern<br />
zu verhindern. 204 Bereits 1918 findet man bei <strong>Heuss</strong> Überlegungen wieder, die dem<br />
Zentralstaat eine wichtige Funktion zuweisen: Wenn auch stärker unter dem Dach des Na-<br />
umannschen Konzepts sozialen Kaisertums, so wünscht er eine Verlagerung der Gewichte<br />
von den Teilstaaten (und ihren Monarchen) hin zur Zentralgewalt (in Form ihrer parlamen-<br />
tarischen Vertretung). Der erste Grund betrifft die Interessenlagen: Die weisungsgebun-<br />
denen Regierungsvertreter eines Länderrats oder gar der Dynastien sieht <strong>Heuss</strong> als Brem-<br />
sen des Demokratisierungsprozesses. Einzig der aus dem Parlamentarismus<br />
entstammende unabhängige Abgeordnete konnte dem Projekt der Demokratisierung die<br />
notwendige Schubkraft geben. Der zweite Grund ist pragmatischer Natur: Eine Neuaus-<br />
richtung des Zentralstaats dient der Bewältigung von Problemen im Bereich der Infra-<br />
struktur (»Verkehrspolitik, die wasserwirtschaftliche Zukunft«), der Neuordnung der<br />
»Reichsfinanzfrage« oder im Bereich des Kartellrechts. 205<br />
▌ Besatzungsstatut<br />
Die Ministerpräsidenten wünschten den Erlass eines Besatzungsstatuts zeitlich vor der<br />
Schaffung einer Verfassung und kamen überein, eigene Vorschläge zu dessen Gestaltung<br />
vorzulegen. Dies entsprach auch der Ansicht von <strong>Heuss</strong> im Jahr 1947: »Ich selber habe<br />
die Auffassung, dass im Augenblick der Erlass eines Statuts über Deutschland uns für die<br />
201 Schnabel(1989); S.43<br />
202 Pikart (1966); Zur Frage der staatsrechtlichen Gestaltung Deutschlands (Juli 1947) ; S. 135<br />
203 Pikart (1966); Nordbaden-Nordwürttemberg (08.07.1945); S. 93f.<br />
204 <strong>Heuss</strong> (1950); S. 15<br />
205 siehe im Einzelnen <strong>Heuss</strong> (1918)<br />
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