kiesel_sylvia_erhard.pdf (18883 KB) - Ernst-Moritz-Arndt-Universität ...
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1. Einleitung<br />
1.1 Hygiene als Lehrfach in Deutschland<br />
5<br />
Mit Max von Pettenkofer wird Hygiene erstmals als experimentelle wissenschaftliche Diszip-<br />
lin betrieben. Die Errichtung des ersten deutschen Lehrstuhls ist wie folgt beschrieben:<br />
„Im Jahre 1862 beschloss die Medizinische Fakultät der <strong>Universität</strong> München einstimmig,<br />
dass die Vorträge über Medizinalpolizei durch Vorlesungen über Hygiene zu ersetzen seien.<br />
Ein entsprechender Antrag an den Akademischen Senat und das Ministerium auf Genehmi-<br />
gung dieses Beschlusses wurde jedoch abschlägig beschieden. Als Pettenkofer im Jahre 1865<br />
zum Rektor der <strong>Universität</strong> München ernannt wurde und aus diesem Anlaß eine Audienz beim<br />
König Ludwig II. hatte, fragte dieser ihn gönnerhaft, ob er ihm, Pettenkofer, einen persönli-<br />
chen Wunsch erfüllen könne. Der bescheidene Wissenschaftler nutzte die Gunst der Stunde<br />
und trug erneut sein größtes Anliegen vor.“ 1<br />
Noch im Jahre 1865 wurde die Hygiene dann an allen drei bayerischen <strong>Universität</strong>en als No-<br />
minal- und Prüfungsfach eingeführt. In München besetzte Pettenkofer den Lehrstuhl umge-<br />
hend, während die Gründung von Lehrstühlen in Würzburg 1894 und in Erlangen erst 1902<br />
erfolgte. Bis 1885 gab es dann weitere Lehrstühle in Leipzig, Göttingen und Wien (Jakobs<br />
1994). In Sachsen wurden durch Wilhelm August Roth (1833-1892) ab 1874 an der Dresdner<br />
Polytechnischen Schule Lehrveranstaltungen zur Hygiene abgehalten (Burger 1987). Die<br />
Entwicklung in Preußen verlief bezüglich der Entwicklung der Hygiene deutlich später. Ro-<br />
bert Koch (1843-1910) war 1885 zum Direktor des Hygienischen Instituts an der Berliner<br />
<strong>Universität</strong> ernannt worden. Er orientierte die Hygiene aber vorrangig an der von ihm begrün-<br />
deten Mikrobiologie. Sigerist beschrieb diesen so entstandenen Widerspruch:<br />
„Aber er war seiner ganzen Natur nach Forscher. Sein Arbeitsfeld war die weite Welt. Er war<br />
ständig auf dem Sprung, loszufahren, wenn irgendwo Seuchengefahr drohte. Es konnte nicht<br />
seine Aufgabe sein, jungen Studenten Jahr für Jahr die Elemente der Hygiene beizubringen.<br />
So vertauschte er 1891 seine Stellung mit der Leitung eines eigens für ihn errichteten (...)<br />
Instituts für Infektionskrankheiten, an dessen Spitze er bis 1904, bis zu seinem Übertritt in den<br />
Ruhestand blieb.“ 2<br />
In Deutschland gab es lange Zeit nur noch eine weitere Differenzierung der akademischen<br />
Hygiene: die soziale Hygiene. Alfred Grotjahn (1869-1931) wurde nach schwierigen Anläu-<br />
fen 1920 vom Unterrichtsminister Haenisch zum ordentlichen Professor für Soziale Hygiene<br />
1<br />
2<br />
Breyer 1980, S. 109-110.<br />
Sigerist 1932, S. 274.