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Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus

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Die Kunst war einmal ein Mittel <strong>der</strong> Kommunikation. Man betrachtete ein Bild und<br />

„verstand“ es. Es teilte etwas mit über die Menschen, die Welt, über uns. Über die<br />

Schönheit. Über Gott.<br />

Der kausale Künstler will, wie <strong>der</strong> kausale Mensch, nicht mehr verstanden werden und<br />

ist auch nicht mehr zu verstehen. Er liefert nur noch Signale.<br />

Nach dem Verlust des Geistes kann Kunst keinen Wert mehr an sich haben, sie ist nur<br />

ein Objekt, sie spielt nur noch eine Rolle, das heißt, sie hat nur noch einen Wert, <strong>der</strong><br />

sich nach Angebot und Nachfrage bestimmt.<br />

Kunst ist ja im Prinzip alles, um das man einen Rahmen macht. Das heißt, alles, was<br />

keinen praktischen Nutzen hat und in dieser Eigenschaft beson<strong>der</strong>s hervorgehoben ist.<br />

Deshalb gibt es so große Qualitätsunterschiede in <strong>der</strong> Kunst. Ein Korkenzieher, auf ein<br />

Brett genagelt und an die Wand gehängt, ist Kunst.<br />

Sie ist nur wertlos.<br />

Nicht, weil die Herstellung keine Mühe macht, son<strong>der</strong>n weil <strong>der</strong> Geist dahinter fehlt. Es<br />

ist nur ein x-mal auf ähnliche Weise getaner Ausruf ohne Sprache.<br />

Kunst leitet sich nicht mehr von Können ab, son<strong>der</strong>n ganz allein vom Aufmerksamkeit<br />

erregen können – vom Provozierenkönnen. Wer am besten provoziert, ist ganz oben.<br />

Da wird zum Beispiel eine Künstlerin weltberühmt, die Frauenhaut fotografiert und darauf<br />

Texte mit Frauenblut malt. Frauenblut, <strong>der</strong> ganz beson<strong>der</strong>e Saft. Natürlich nicht irgendwelche<br />

Texte – Frauenblut allein wäre nicht provokant genug – son<strong>der</strong>n Zoten aus<br />

dem Munde eines echten Frauenmör<strong>der</strong>s. Die Süddeutsche Zeitung, ein führendes Hofblatt<br />

des kausalen Menschen, druckt das in ihrem Magazinteil auf einem Dutzend Farbseiten<br />

nach – mit Frauenblut in <strong>der</strong> Druckfarbe, versteht sich. Parallel dazu läuft eine<br />

große „Kunstausstellung“ dieses Œuvres unter dem Titel „Da wo Frauen sterben, bin ich<br />

hellwach“ im Münchner Haus <strong>der</strong> Kunst. Falls sich unter den hun<strong>der</strong>ttausenden Abonnenten<br />

<strong>der</strong> eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e gefunden haben sollte, <strong>der</strong> noch nicht abgestumpft genug<br />

war, nicht zu protestieren, wäre er nur in die aufgestellte Falle getappt: Das erklärte Ziel<br />

war ja gerade die Provokation und sonst nichts.<br />

Es ist vergessen, dass Kunst eine Dimension des Geistes war.<br />

Was immer dem Geist schadet, <strong>der</strong> Würde, dem guten Geschmack, steht beim kausalen<br />

Menschen in höchstem Ansehen: Die Lust am Bösen.<br />

Der Götze <strong>Natur</strong> will angebetet werden.<br />

So bleibt die Schuld im dunkeln.<br />

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