Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus
Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus
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Die <strong>Herrschaft</strong> <strong>der</strong> Gefühle<br />
115<br />
Das Ich strebt nach Lust.<br />
Sigmund Freud 68<br />
Und die Frau sah, dass von dem Baum gut<br />
zu essen war, und dass er eine Lust für die<br />
Augen wäre und verlockend, weil er klug<br />
machte.<br />
Die Bibel 69<br />
Die Verweiblichung <strong>der</strong> Welt<br />
Ich kann mir vornehmen, morgen an dies o<strong>der</strong> das zu denken. Aber nicht, morgen dies<br />
o<strong>der</strong> das zu fühlen.<br />
Gefühle lassen sich nicht beeinflussen – höchstens auf Umwegen –, sie kommen und<br />
gehen, wie sie wollen. Sie sind zeitgebunden. Sie haben keinen Abstand. Denn sie unterliegen<br />
den <strong>Natur</strong>gesetzen.<br />
Nichts gegen Gefühle. Sie spielen eine große Rolle in unserem Seelenleben. Aber es<br />
darf niemals die Hauptrolle sein. Wichtige Entscheidungen müssen – wie je<strong>der</strong> weiß –<br />
mit dem Verstand getroffen werden.<br />
Mein Gefühl sagt, es ist angenehmer, im komfortablen Hotelzimmer zu bleiben, statt in<br />
das Sprungtuch <strong>der</strong> Feuerwehr tief unten zu springen. Aber mein Verstand wendet ein,<br />
dass ich springen muss, weil das Hotel brennt.<br />
Gefühle sind diktatorisch. Wer seine Gefühle nicht beherrscht, den beherrschen sie.<br />
Erst als er sich an den Schiffsmast hatte fesseln lassen, setzte sich Odysseus dem Gesang<br />
<strong>der</strong> Sirenen aus.<br />
Die <strong>Herrschaft</strong> des Geistes über die Gefühle war in allen Hochkulturen das vornehmste<br />
Erziehungsziel. Sie waren männlich bestimmt, weil die Männer eher an ihre Vernunft<br />
glauben als an ihr Gefühl.<br />
Unter <strong>der</strong> <strong>Herrschaft</strong> <strong>der</strong> <strong>Natur</strong> sind die Gefühle los: Gefühle sind die Domäne <strong>der</strong> Frauen,<br />
sie glauben mehr an ihre Gefühle als an ihre Vernunft.<br />
So entsteht <strong>der</strong> Eindruck, die Welt werde heute eher weiblich regiert als männlich, die<br />
Frauen hätten immer mehr zu sagen und die Männer immer weniger.<br />
Tatsächlich ist es aber so, dass die Welt we<strong>der</strong> von Männern bestimmt wird, noch von<br />
Frauen, son<strong>der</strong>n wir von ihr.<br />
Wir schwimmen auf einer Woge <strong>der</strong> Gefühle.<br />
Politik, Wirtschaft, Religion – alles bloß Gefühl.