18.07.2013 Aufrufe

Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus

Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus

Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Namen nennt – Zeichen für den Beginn einer zwischenmenschlichen Nähe – erschießt<br />

er sich auf <strong>der</strong> Stelle.<br />

Manche Paare versuchen ihre Fremdheit dadurch zu kultivieren, dass sie nie eine gemeinsame<br />

Wohnung beziehen, ein gemeinsames Schlafzimmer ablehnen o<strong>der</strong> sich gegenseitige<br />

sexuelle „Freiheit“ zugestehen, sich also ganz bewusst den unpersönlichen<br />

<strong>Natur</strong>gesetzen und ihren Zwängen ergeben.<br />

Wenn die Person ausgeklammert bleibt, kann die Liebe zwischen Mann und Frau nur<br />

unpersönlich sein. Es ist nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass anonymer Telefon- und Computersex<br />

einen rasanten Aufschwung nehmen.<br />

Und dass es beim Sex nicht ohne fachliche Ratschläge in Wort und Bild geht. Der kausale<br />

Mensch braucht, wie für jede an<strong>der</strong>e Maschine, auch für seine Sexmaschine eine<br />

Gebrauchsanleitung. Wie kann er denn sonst wissen, was er mit seiner Partnerin anfangen<br />

soll?<br />

Die seelenverwandten Liebenden, die sich zum Happy End „kriegen“ – noch vor wenigen<br />

Jahren für ein Kinovergnügen unverzichtbar – verabschieden sich von <strong>der</strong> Leinwand.<br />

Jetzt sind sich die Liebenden feind.<br />

Sie ist – etwa in Basic Instinct – die mordende Raubkatze, die aus Machtgier und Geschlechterhass<br />

kopuliert. Und er das blinde Opfer seiner animalischen Triebe. Wie ein<br />

Tier provoziert sie mit ihrem entblößten Geschlecht. Wie ein Tier kann er sich ihr nicht<br />

entziehen. Es ist Millionen Jahre her, dass Hollywood sogar einmal den weiblichen Nabel<br />

zum Tabu erklärt hatte.<br />

Die Entwicklung geht weiter. Es muss so sein, denn die <strong>Natur</strong> kennt keine Freiheit.<br />

Die kausalen Menschen nennen ihr Gefühl nicht deshalb „freie Liebe“, weil es eine freie<br />

Entscheidung ist – bei Gefühlen gibt es überhaupt keine Entscheidungen – son<strong>der</strong>n<br />

weil es dem freien Spiel <strong>der</strong> Kräfte entspricht. Die „freie“ Liebe ist eine kausale,<br />

zwangsmäßige. Sie kommt und geht, wie sie will, und nicht, wie die Liebenden wollen.<br />

Sie hängt von <strong>der</strong> Attraktivität des geliebten Objekts ab. Es gibt Männer, die ihre Frau<br />

nicht mehr „lieben“, wenn sie durch eine Operation die Brust verlieren.<br />

Die kausale Liebe wird bestimmt von chemischen Prozessen im Körper – wesentlich im<br />

Gehirn. Man kann sie auch durch die Einnahme chemischer Stoffe auslösen. Je<strong>der</strong><br />

weiß, dass sogar Alkoholgenuss, das Betrachten pornographischer Darstellungen o<strong>der</strong><br />

romantische Musik bei Kerzenschein die Libido beeinflussen.<br />

Der kausale Mensch, <strong>der</strong> es mit einem an<strong>der</strong>en gut kann, sagt deshalb, „unsere Chemie<br />

stimmt“.<br />

Wie stark die kausale Liebe ist, erkennt man schon daran, dass sie auch unter dem inflationären<br />

Missbrauch von Sex in den Medien und in <strong>der</strong> Werbung nicht nur nicht verschlissen,<br />

son<strong>der</strong>n angeheizt worden ist.<br />

Die <strong>Natur</strong> nimmt ihre neue Macht wahr.<br />

Mit dem Sex ist es wie mit <strong>der</strong> Atomkraft: Sie muss unter Kontrolle gehalten werden.<br />

Daher das diesbezügliche göttliche Gebot. Der kausale <strong>Natur</strong>mensch ist aber <strong>der</strong>maßen<br />

verdummt, dass er daraus schließt, Gott missgönne ihm die Sexualität. Er kennt ja die<br />

107

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!