Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus
Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus
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Jahrtausendelang wusste je<strong>der</strong>, dass dahinter das Böse steht. Aber da wir vom Guten<br />
nichts mehr wissen wollen, erkennen wir auch das Böse nicht mehr.<br />
Die Menschen haben schon immer gesündigt, aber es blieb unserer Zeit vorbehalten, das<br />
Böse zu lieben und die Sünde zur Tugend zu verklären.<br />
Das ist die Folge einer gigantischen Manipulation.<br />
Ein Hit <strong>der</strong> Rollings Stones hieß „Sympathy With the Devil“ – Mitleid mit dem Teufel.<br />
Der christliche Glaube war einmal ein Bollwerk des Geistes gegen das Fleisch, ein Verbündeter<br />
des Subjekts. Die Religionen von heute sind das Gegenteil.<br />
Sie sind kausal, sie wi<strong>der</strong>legen den Glauben an die Zehn Gebote durch den Aberglauben,<br />
dass ein Bankraub reich macht und treuloser Sex glücklich.<br />
Wer unserer kulturellen Elite folgt, wird schuldig.<br />
Was bliebe vom Werk unserer „großen“ zeitgenössischen Schriftsteller ohne ihre mit<br />
wahrhaft religiöser Inbrunst verfassten Gotteslästerungen? Der kausale Mensch liebt sie,<br />
weil sie sich ihm zum Komplicen machen.<br />
Das verschafft ihm Lust – und macht ihm zugleich Angst.<br />
Lust des Fleisches, sich gegen den Geist aufzulehnen und ihn zu beherrschen.<br />
Angst vor dem Geist, Angst vor Gott, <strong>der</strong> unsere Interessen gegen uns vertreten muss,<br />
weil er uns liebt.<br />
Es herrscht totaler Krieg gegen Gott.<br />
Obwohl <strong>der</strong> kausale Mensch sich jede Schuld vergibt, ja sogar den Begriff <strong>der</strong> Schuld<br />
ablehnt – er sagt statt dessen „Schuldgefühle“ – leidet er unter seiner Schuld.<br />
Weil er trotz aller naturwissenschaftlichen Gegenbeweise weiß, dass er für die Vergebung<br />
seiner Schuld nicht zuständig ist.<br />
In allen Hochkulturen waren sich die Menschen ihrer Unzulänglichkeiten – ihrer Sünden<br />
– bewusst, und sie wussten auch, dass sie sich mit ihren bösen Taten in erster Linie an<br />
<strong>der</strong> Gottheit vergangen hatten. (Mit Ausnahme natürlich jenes mystischen „südamerikanischen<br />
Eingeborenenstammes“, mit dem sich immer das Gegenteil von allem beweisen<br />
lässt.)<br />
Die Erkenntnis <strong>der</strong> Schuld ist ein Symptom dafür, dass es einen gibt, <strong>der</strong> sich um uns<br />
sorgt. Einen, <strong>der</strong> uns weit überlegen ist. Wenn er nicht wäre, dann gäbe es die Schuld<br />
nicht.<br />
Darum wollen wir ihn los sein.<br />
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