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Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus

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Das Objekt ist definiert – das Subjekt nicht<br />

Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Objekt und Subjekt ist <strong>der</strong>, dass das eine definiert<br />

ist und das an<strong>der</strong>e nicht.<br />

Bevor man mit einer Sache etwas anfangen kann, muss man wissen, was sie ist. Und<br />

was eine Sache ist – ihre Definition – ergibt sich aus ihrer Beziehung zu allem an<strong>der</strong>en,<br />

das sie nicht ist.<br />

Ein Objekt ist immer definiert in Bezug auf alles an<strong>der</strong>e, das es nicht ist. Ein Objekt, das<br />

keinerlei Beziehung mit an<strong>der</strong>en hat, kann es nicht geben.<br />

Ein Objekt wird schon durch seine Wahrnehmung definiert – wahr genommen – und<br />

sei es auch nur vorläufig, notfalls als „etwas Undefinierbares“. Definiert wird es vor<br />

dem Hintergrund alles an<strong>der</strong>en, das es nicht ist, und von dem es sich in einer ganz bestimmten<br />

Weise unterscheidet. Es ist nur das eine, das es ist, und es ist alles an<strong>der</strong>e<br />

nicht, von dem es sich unterscheidet.<br />

Ein Objekt bekommt normalerweise bei seiner Definition eine Bezeichnung, einen Namen.<br />

Der naturgläubige Mensch, <strong>der</strong> sich nur noch als Objekt versteht, <strong>der</strong> Objektmensch,<br />

braucht, wie jedes an<strong>der</strong>e Objekt, eine Definition. Ihm wird eine ganz bestimmte Rolle<br />

zugewiesen. Er ist nichts, aber er stellt etwas dar. Er ist kein Subjekt, er leugnet ja den<br />

Geist. Er ist nur das Objekt an<strong>der</strong>er. Er ist außengesteuert. Er ist kausal. Er ist abhängig<br />

von dem Subjekt, das ihn definiert. Ohne diese Abhängigkeit ist er nichts. Er wird von<br />

ihr bestimmt.<br />

Er hat keine eigene Meinung. Er läuft jedem Rattenfänger nach. Er lässt sich mit dem<br />

Strom treiben. Er glaubt alles, was in <strong>der</strong> Zeitung steht. Er glaubt an die <strong>Natur</strong> und die<br />

<strong>Natur</strong>wissenschaften, an das freie Spiel <strong>der</strong> Kräfte, weil alle daran glauben. Er ist ihr<br />

Spielball.<br />

Keine Sekte ist ihm zu abstrus, keine Lebenspartnerin zu dominant. Er freut sich an seiner<br />

Unfreiheit. Er ist eine Kreatur seiner Idole.<br />

Ganz an<strong>der</strong>s die Person.<br />

Sie ist nicht nur ein Objekt ihres Subjekts, von dem es definiert wird, das heißt, von<br />

ihrer Gottheit, son<strong>der</strong>n sie steht auch in einer Wechselbeziehung zu ihr, die auf Identifikation<br />

beruht. Der allmächtige Gott ist mir zwar unendlich überlegen, aber als Person<br />

bin ich ihm wesensgleich, weil ich nicht nur sein Objekt bin, son<strong>der</strong>n auch ein souveränes<br />

Subjekt, als das ich mich mit ihm, wie mit allen an<strong>der</strong>en Subjekten, identifizieren<br />

kann – und er mit mir. Deshalb können wir miteinan<strong>der</strong> kommunizieren.<br />

Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde.<br />

Das Subjekt als solches ist frei und will es sein, es will und kann sich nicht definieren<br />

lassen: Es ist ja kein Objekt, – im Gegenteil, es ist alles an<strong>der</strong>e.<br />

Als Subjekt bin ich ich, ohne Namen, ohne Eigenschaften, ohne Definition.<br />

Solange ich nicht an mich denke, das heißt, solange ich mich nicht zu meinem eigenen<br />

Objekt mache, son<strong>der</strong>n mit dem höchsten Subjekt identifiziere, mit Gott, bin ich frei wie<br />

Gott, selbst dann, wenn mich an<strong>der</strong>e zu ihrem Objekt machen.<br />

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