Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus
Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus
Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wo bleibt die Objektivität, wenn alle gegangen sind?<br />
Je<strong>der</strong> kennt die Geschichte von dem UFO, das am helllichten Tag beobachtet und sogar<br />
von einem Videoamateur gefilmt worden ist. Auf dem Film sind alle Einzelheiten zu<br />
erkennen, die Fenster, die Triebwerke, sogar die außerirdische Besatzung in Gestalt grüner<br />
Männchen. Nur ist das Filmmaterial auf mysteriöse Weise verschwunden, <strong>der</strong> einzige<br />
Augenzeuge ist lei<strong>der</strong> plötzlich verstorben.<br />
Selbst wenn die <strong>Natur</strong>wissenschaften entgegen aller Logik eines schönen Tages alles<br />
erobert hätten, wenn auch <strong>der</strong> letzte weiße Fleck im Atlas des Wissens getilgt wäre,<br />
wenn alles naturwissenschaftlich erklärt werden könnte, wenn im ganzen Universum<br />
keine einzige Nische mehr für das naturwissenschaftlich nicht Erklärbare übrig bliebe,<br />
kein bescheidenes Plätzchen für Gott und den Geist, und die letzten Juden, Christen und<br />
Moslems ausgestorben wären...<br />
Wenn das menschliche Bewusstsein – die Person – als eine Art Computer o<strong>der</strong> Computerprogramm<br />
restlos entmythologisiert wäre und technisch nachbaubar. So, wie es viele<br />
schon heute behaupten...<br />
Wenn Computer o<strong>der</strong> Computerprogramme sich uns als Wesen mit einer Seele und einem<br />
Ich vorstellen würden, stolz auf ihre menschlichen Programmierer, sich aus eigenem<br />
Antrieb bei ihnen für ihre Existenz bedankend...<br />
...dann bliebe immer noch die Frage <strong>der</strong> Perspektive.<br />
Denn je<strong>der</strong> weiß, dass ein und dieselbe Sache von verschiedenen Beobachtern verschieden<br />
wahrgenommen wird.<br />
Wirkliche Objektivität kann es ja nur unter <strong>der</strong> Voraussetzung einer objektiven Perspektive<br />
geben.<br />
Aber wer sollte die, mangels Subjekt, mangels Gott, haben?<br />
Denn ohne Perspektive, ohne Beobachter, gibt es nichts.<br />
Was wäre dann die Welt?<br />
Wer o<strong>der</strong> was würde dann die Welt definieren, als was und wie?<br />
In welchem Zeitpunkt?<br />
Wäre dann die Welt die Welt <strong>der</strong> Ameisen o<strong>der</strong> die Welt <strong>der</strong> Lichtquanten o<strong>der</strong> die Welt<br />
<strong>der</strong> Ingenieure? Wäre es Ihre Welt o<strong>der</strong> meine? Welche Perspektive auf die Welt wäre<br />
dann die richtige? Denn es gäbe unendlich viele, und die meisten würden einan<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>sprechen.<br />
Aber wer o<strong>der</strong> was wäre dazu imstande, Unterschiede und Wi<strong>der</strong>sprüche festzustellen?<br />
In einem Zeitpunkt, <strong>der</strong> in keinem Jetzt ist?<br />
Trotzdem gehen die <strong>Natur</strong>gläubigen unbeirrt davon aus, dass die <strong>Natur</strong>wissenschaften<br />
die Welt so beschreiben, wie sie „wirklich“ ist, objektiv – das heißt, ohne Beobachter.<br />
O<strong>der</strong> so, wie sie ein absoluter Beobachter sehen würde, Gott, nur eben ohne einen solchen.<br />
Sie haben, getreulich ihrer monotheistischen – das heißt, jüdisch-christlichen – Tradition,<br />
das Bild einer Welt aus <strong>der</strong> Sicht Gottes entwickelt. Und dann, geblendet durch<br />
29