Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus
Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus
Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus
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Die kausale Familie<br />
Die Familie war ein Identifikationssystem, also an den Geist gebunden.<br />
Die Familie fällt natürlich weg, hat Marx ins Kommunistische Manifest geschrieben.<br />
Natürlich.<br />
So lebt <strong>der</strong> kausale Mensch – ein Novum in <strong>der</strong> Menschheitsgeschichte – ohne Mutter,<br />
ohne Vater und vielfach auch ohne Kind.<br />
Das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ schreibt in einem Nachruf auf die Familie:<br />
Sie war in erster Linie ein arbeitsteiliger Betrieb und diente <strong>der</strong> Produktion Werktätiger,<br />
die wechselseitig füreinan<strong>der</strong> aufkamen – die Alten für die Jungen; die Jungen für<br />
die Alten, je mehr, desto besser. Das profane Zweckbündnis brauchte eine edle Fassung,<br />
und das war <strong>der</strong> Familiennimbus. Er kam dem Wunsch <strong>der</strong> Menschen nach Geborgenheit<br />
entgegen und diente als ideologischer Zierrat. 63<br />
Man erkennt schon am marxistischen Jargon, dass die 68er kausalen Menschen ihre<br />
Drohung, in die Institutionen zu gehen, wahr gemacht haben. Sie bestimmen jetzt unsere<br />
Medien und unsere Politik. Sie sind die Lehrer in unseren Gymnasien. Sie verkaufen<br />
den Materialismus so gut, dass kommunistische Diktaturen zu seiner Durchsetzung entbehrlich<br />
geworden ist.<br />
Ohne Identifikation ist die Familie nur eine Interessengemeinschaft nach dem freien<br />
Spiel <strong>der</strong> Kräfte. Da die Interessen aller Beteiligten normalerweise spätestens dann divergieren,<br />
wenn die Kin<strong>der</strong> in die Pubertät kommen, entpuppt sich die Familie als eine<br />
Hölle – je<strong>der</strong> ist an einen Vertrag gebunden, den er hasst, und daher hasst früher o<strong>der</strong><br />
später je<strong>der</strong> jeden: die Frau den Mann, weil sie sich von ihm ausgenutzt glaubt, <strong>der</strong><br />
Mann die Frau, weil er sie nicht mehr liebt, die Frau die Kin<strong>der</strong>, weil sie sie an ihrer<br />
beruflichen Karriere hin<strong>der</strong>n, die Kin<strong>der</strong> die Eltern, weil die ihre Freiheit beschneiden<br />
und nicht alle materiellen Wünsche erfüllen können.<br />
Dem kausalen Menschen ist die Familie ein Gräuel.<br />
Kein Wun<strong>der</strong>, denn sie ist Wiege und Lebensform des Subjekts: In <strong>der</strong> intakten Familie<br />
identifizieren sich die Familienmitglie<strong>der</strong> miteinan<strong>der</strong>, sie sind nach außen wie eine<br />
Verschwörung und geben sich nach innen Schutz, Geborgenheit und Liebe.<br />
Der Vater ist Vorbild <strong>der</strong> Jungen und prägt die Vorstellung <strong>der</strong> Mädchen von einem<br />
Mann; die Mutter verkörpert das Urbild <strong>der</strong> Frau für die Jungen und ist Vorbild <strong>der</strong><br />
Mädchen. Die üblichen Familienkonflikte werden ausgetragen und sind per Saldo immer<br />
ein Gewinn.<br />
Weil die Familie das freie Spiel <strong>der</strong> Kräfte ausschließt, bleibt sie eine ständige Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />
Sie ist das Leben – die Welt in <strong>der</strong> Nussschale.<br />
Der kausale Mensch hasst Herausfor<strong>der</strong>ungen, er ist ja außengesteuert, also faul.<br />
Er liebt seine Verwandten nicht. Er liebt ja nicht einmal seinen Lebenspartner, den er<br />
selbst ausgesucht hat. Er sieht den Sinn des Lebens darin, sich bis zu seinem Tod auf<br />
möglichst amüsante und bequeme Art treiben zu lassen.<br />
Seine <strong>Natur</strong> will es so.<br />
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