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Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus

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Die Welt ist nicht von dieser Welt<br />

Zeit ist in <strong>der</strong> <strong>Natur</strong> nicht zu finden.<br />

Das einzige Instrument, um Zeit als das wahrzunehmen, was sie ist, ist nicht die Uhr,<br />

son<strong>der</strong>n ein Bewusstsein in <strong>der</strong> Art des menschlichen Bewusstseins.<br />

Wie könnte man eine Verän<strong>der</strong>ung feststellen ohne das Wissen, dass etwas vorher an<strong>der</strong>s<br />

war? Dieses Wissen ist nirgendwo in <strong>der</strong> <strong>Natur</strong> zu finden, nur in einem Bewusstsein,<br />

wie es die Menschen haben.<br />

Wie könnte von einer Uhr Zeit abgelesen werden ohne das Wissen, dass sie vorher eine<br />

an<strong>der</strong>e Zeit angezeigt hat? Ohne Bewusstsein gibt es nicht nur keine Qualität von Zeit,<br />

son<strong>der</strong>n überhaupt keine Zeit, denn keine Uhr, son<strong>der</strong>n nur das Bewusstsein kann zwischen<br />

Vorher und Nachher unterscheiden und so überhaupt erst konstatieren, dass Zeit<br />

vergangen ist.<br />

Es kommt bei <strong>der</strong> Zeit auf dieses Wissen an, und das ist an Bewusstsein gebunden.<br />

Das Jetzt ist das Wissen des Vergangenen und das Nichtwissen des Zukünftigen.<br />

Nachher ist das Wissen größer als vorher, denn das Nachher schließt das Wissen um<br />

das Vorher ein – hinterher ist man immer klüger. Das Vorher ist aus <strong>der</strong> Sicht des<br />

Nachher festgelegt. Das Nachher aus <strong>der</strong> Sicht des Vorher nicht. Aus diesem Grund<br />

kann das Nachher nie vor dem Vorher sein.<br />

Eine Umkehrbarkeit <strong>der</strong> Zeitrichtung müsste das Wenigerwissen auf das Mehrwissen<br />

folgen lassen und das Erlebte auf das noch nicht Erlebte.<br />

Man kann sich zwar vorstellen, dass in einer Welt mit umgekehrter Zeitrichtung – in<br />

einer Welt, in <strong>der</strong> das Nachher vor dem Vorher kommt – die Uhren einfach rückwärts<br />

gehen: Der Zeiger bewegt sich dann eben von fünf auf vier, statt von vier auf fünf.<br />

Nur könnte das we<strong>der</strong> beobachtet noch gedacht werden:<br />

Da nachher niemand wüsste, was vorher war – denn das Vorher käme ja erst nach dem<br />

Nachher – wäre es niemandem möglich, eine Verän<strong>der</strong>ung feststellen. Es gibt ja nur<br />

eine Erinnerung an das Vergangene, nicht an das Zukünftige, denn die Zukunft ist ja<br />

noch nicht geschehen.<br />

Das heißt, eine Umkehrung <strong>der</strong> Zeit würde die Möglichkeit, Zeit wahrzunehmen o<strong>der</strong><br />

auch nur zu denken, aufheben.<br />

Ohne Zeit kann überhaupt nichts sein. Denn damit etwas sein kann, muss es sich von<br />

dem unterscheiden, was es nicht ist, und dieses Unterscheiden ist ohne Zeit nicht möglich.<br />

Eine Umkehr <strong>der</strong> „Zeitrichtung“ würde alles, was ist, das ganze Universum, in nichts<br />

verwandeln und sowohl die Zeit als auch das Bewusstsein aufheben.<br />

Vielleicht ist so das Sterben.<br />

Ionesco hat in seinem Drama „Der König stirbt“ beschrieben, wie beim Sterben eines<br />

Menschen seine ganze Welt schwindet.<br />

Man mag das Alter von Gestein anhand des atomaren Zerfalls bestimmen können. Aber<br />

zur Kenntnis genommen werden kann das nur in einem Bewusstsein.<br />

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