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Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus

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Objektiv sind sie nichts Beson<strong>der</strong>es. Je<strong>der</strong> hat sie, und je<strong>der</strong> weiß, wie die des an<strong>der</strong>en<br />

Geschlechts aussehen o<strong>der</strong> kann sich darüber informieren. Die individuellen Unterschiede<br />

<strong>der</strong> Geschlechtsorgane sind belanglos.<br />

Trotzdem sind die Geschlechtsorgane für das Subjekt im höchsten Maße intim. Es ist<br />

ihm, als ob in ihnen die Nervenenden seines Innersten bloßlägen. Das ist verständlich.<br />

Denn mit seinen Geschlechtsorganen nimmt ein Mensch mit einem an<strong>der</strong>en nicht nur<br />

einen physischen Kontakt auf, son<strong>der</strong>n auch einen psychischen, <strong>der</strong> bis ins Innerste seines<br />

Wesens reicht.<br />

Wenn er ein solches hat.<br />

Wie groß ist da die Gefahr, vom Partner, dem ich mein Innerstes ausliefere, verraten zu<br />

werden. Zum Beispiel dadurch, dass er das Gleiche auch mit an<strong>der</strong>en tut. Dass er mich<br />

vergleicht. Dass er mich zum Objekt von Fremden macht.<br />

Das Innerste <strong>der</strong> Person darf nicht mit seinen Schwächen, seinen Fehlern, seiner Schuld,<br />

von Fremden objektiviert werden. Es würde dadurch bloßgestellt. Seine Identität, seine<br />

Würde, kann es nur auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Identifikation bewahren.<br />

Im Alten Testament heißt es: „Adam erkannte seine Frau, und sie gebar Abel.“ Im Geschlechtsakt<br />

geben sich zwei Individuen in ihrem Innersten zu erkennen: als Subjekte.<br />

Sie ist für ihn die Frau und daher alle Frauen in einer; er ist für sie <strong>der</strong> Mann und daher<br />

alle Männer in einem.<br />

Das ist für den kausalen Menschen nur ein Anlass zum Spott. Denn er erkennt im Sex<br />

niemanden, und er gibt sich auch niemandem zu erkennen. Sonst müsste er ihn ja lieben.<br />

Für ihn ist <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e nur Sexobjekt.<br />

Geschlechtsverkehr und Zeugung sind aber beim Menschen nicht nur körperliche Akte,<br />

son<strong>der</strong>n auch seelische und geistige. Weil die geschlechtliche Liebe des Körpers und<br />

<strong>der</strong> Seele eine Identifikation ist, und weil das Gezeugte ein Wesen mit Seele und Geist<br />

sein wird.<br />

In allen Hochkulturen hat man daher, bewusst o<strong>der</strong> unbewusst, nicht jeden Fremden an<br />

sich herangelassen. Bevor zwei Personen miteinan<strong>der</strong> Geschlechtsverkehr haben durften,<br />

musste mit vielen Ritualen ein Festungswerk von Regeln überwunden werden. Viele<br />

Etappen, an denen beide Partner unbeschadet wie<strong>der</strong> umkehren konnten, wenn sie<br />

einan<strong>der</strong> nicht sicher waren.<br />

Wer sich nicht an solche Regeln hält, erfährt, dass die Liebe mit jedem neuen Partner<br />

weniger schön ist.<br />

Partner verschiedenen Geschlechts, die sich an den Gesetzen des Geistes orientieren,<br />

bleiben füreinan<strong>der</strong> in ihrer Geschlechtlichkeit einmalig und daher geheimnisvoll. Aber<br />

für den kausalen Menschen ist Sex unabhängig von <strong>der</strong> Person. Er kann mit jedem Sex<br />

haben.<br />

Mit jemandem, <strong>der</strong> viele Geschlechtspartner hatte, ist es definitionsgemäß nicht möglich,<br />

eine intime Beziehung herzustellen. Sex ist für ihn immer das gleiche.<br />

Deshalb – und nicht etwa aus moralischem Purismus – war früher Unzucht verpönt<br />

und ist sie es heute nicht mehr.<br />

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