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Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus

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Der kausale Mann<br />

Natürlich ist die Versuchung, sich gehen zu lassen und seine Berufung zu verraten,<br />

nichts neues. Der Mensch war schon immer zwischen seiner Identität als Subjekt und<br />

seinem Hang zum Objektsein hin- und hergerissen.<br />

Diese Polarität wurde auch in den Geschlechtern gesehen.<br />

Hat die Frau, ihrem eher narzißtischen Wesen entsprechend, in diesem Spannungsfeld<br />

traditionell mehr mit ihrer Objektrolle kokettiert – „das schwache Geschlecht“ –, so galt<br />

<strong>der</strong> Geist einst als das Ideal des Mannes.<br />

Selbstdisziplin, Mut, Willensstärke, Tapferkeit, Tugend galten als spezifisch männliche<br />

Eigenschaften – virtus, das lateinische Wort für Tugend, leitet sich ja von vir, Mann,<br />

ab.<br />

Mann sein war einmal ausgesprochen schwer. Ein Mann wurde nicht geboren, er musste<br />

erst einer werden.<br />

Er musste sich als Mann erst einmal beweisen.<br />

„Sei ein Mann“, tröstet ein Vater seinen Sohn, wenn im Schlimmes wi<strong>der</strong>fahren ist.<br />

Aber keine Mutter sagt ihrer Tochter, „sei eine Frau!“ Das ist sie ja sowieso.<br />

Mannesmut war ein geflügeltes Wort. Die Frau hat an<strong>der</strong>e Stärken.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Objektivierung des Subjekts sind die männlichen Tugenden <strong>der</strong> Lächerlichkeit<br />

preisgegeben worden. Der „neue Mann“ ist weibisch. Weil heute ein Mann keiner<br />

mehr werden muss, darf schon ein Dreizehnjähriger mit Frauen schlafen. Wer würde<br />

auch von einem Weichling verlangen, dass er seine Triebe beherrscht.<br />

Wo Frauen nur Rollen sind, ist auch für Männer kein Platz mehr.<br />

Was ein Mann einmal war, ist Legende in Filmklassikern wie Fred Zinnemanns High<br />

Noon o<strong>der</strong> A Man for All Seasons.<br />

Gebraucht wird <strong>der</strong> Mann als Objekt. Nicht <strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> von Gott geschaffen wurde,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>, <strong>der</strong> vom Affen abstammt. Keiner, dessen Horizont die Ewigkeit ist, son<strong>der</strong>n<br />

einer, <strong>der</strong> dem Augenblick nachgibt.<br />

Der Angeber und Neurotiker. Der unbeherrschte, <strong>der</strong> triebhafte Mann, <strong>der</strong> sich von seinen<br />

Gefühlen bestimmen lässt. Der erfolgreiche Karrieretyp. Der Angepaßte. Der Schläger,<br />

<strong>der</strong> Aussteiger, <strong>der</strong> gelackte Ladykiller und Zyniker, <strong>der</strong> cool die letzten Tabus<br />

bricht.<br />

Der Mann, <strong>der</strong> kein Mann mehr ist, son<strong>der</strong>n ein Repertoire von Rollen für jede Gelegenheit.<br />

Nicht wer je<strong>der</strong> Versuchung wi<strong>der</strong>steht, ist bei uns ein ganzer Kerl, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />

je<strong>der</strong> Versuchung nachgibt. Deshalb dürfen die Männer endlich auch Gefühl zeigen,<br />

Zöpfe und Ohrringe tragen und sich gehen lassen.<br />

Die Objektfrauen fühlen sich bestätigt. Es ist ihre Zeit. Sie wussten schon immer, dass<br />

die Männer nichts waren.<br />

„Du bist kein Mann!“ ist dem kausalen Mann ein Kompliment.<br />

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