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Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus

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Die kausale Erziehung<br />

Kathrin bricht mit 15 das Gymnasium ab. Sie weiß, dass das ein Fehler ist, aber sie kann<br />

<strong>der</strong> Verlockung, mehr Geld in <strong>der</strong> Tasche zu haben für Klamotten und Kosmetika, nicht<br />

wi<strong>der</strong>stehen. Sie macht es ihrer Freundin nach und wird Kassiererin in einem Supermarkt.<br />

Dann jobbt sie in einer Boutique und in einem Reisebüro.<br />

Sie ist mehr und mehr vom Leben enttäuscht und greift zu Drogen. Das Geld dazu beschafft<br />

sie sich schließlich auf dem Strich.<br />

Wer seine Kin<strong>der</strong> nicht erzieht, liefert sie den <strong>Natur</strong>gesetzen aus. Nur Erziehung kann<br />

sie davor bewahren.<br />

Wer sich nicht schon früh zu beherrschen gelernt hat, wird auch als Erwachsener leicht<br />

ein Spielball seiner Lüste und Ängste.<br />

Aber nur <strong>der</strong> Geist lässt sich erziehen, die <strong>Natur</strong> nicht. Wer nicht an Gott und an den<br />

Geist glaubt, für den ist die Erziehung sinnlos.<br />

Ohne Gott und ohne Geist gibt es auch keinen Grund, jemandem zu gehorchen. Der<br />

kausale Mensch hat ja niemanden mehr über sich, ohne Gott ist je<strong>der</strong> Gott.<br />

Wer könnte einen Fluss dazu erziehen, bergauf zu fließen? Wer könnte einer Katze das<br />

Mausen abgewöhnen?<br />

Je<strong>der</strong> fürchtet die Nachbarn mit dem dreijährigen Patrik. Wenn sie zu Besuch kommen,<br />

bricht schiere Panik aus, denn er darf alles. Es gibt keinen Augenblick, in dem er nicht<br />

eine Schranktür öffnet, eine Küchenmaschine in Gang setzt, das Tischtuch samt Geschirr<br />

wegzieht. Dabei hält er ständig Blickkontakt mit den Erwachsenen, um seinen<br />

Triumph auszukosten: Seht her, wohin mich meine <strong>Natur</strong> treibt!<br />

Zum Bösen. Seine Eltern sind stolz darauf. Seht her, wir sind keine Spießer, wir lassen<br />

unserem Kind die Freiheit!<br />

Die Freiheit, seiner <strong>Natur</strong> zu gehorchen, statt die Freiheit, sie zu beherrschen.<br />

Weil <strong>der</strong> Geist nicht kausal ist, bedarf er <strong>der</strong> Erziehung – <strong>der</strong> Einübung in <strong>der</strong> <strong>Herrschaft</strong><br />

über die <strong>Natur</strong>, vornehmlich über die eigene.<br />

Erfahrene Eltern wissen: Die Erziehung beginnt am ersten Tag. Das Versäumte lässt<br />

sich danach nur schwer o<strong>der</strong> gar nicht nachholen.<br />

Wer einen kausalen Menschen einmal so richtig auf die Palme bringen will, muss ihm<br />

nur einen Satz wie diesen zitieren: Wer seine Rute schont, <strong>der</strong> haßt seinen Sohn; wer ihn<br />

aber lieb hat, <strong>der</strong> züchtigt ihn beizeiten. 82<br />

Der kausale Mensch liebt seinen Sohn nicht, er identifiziert sich nicht mit ihm. Für ihn<br />

ist er nur ein Objekt <strong>der</strong> Liebe, kein Subjekt. Dass er ihn dadurch zu einem Leben in<br />

Knechtschaft verurteilt, nimmt er selbstsüchtig in Kauf.<br />

Will <strong>der</strong> kausale Erzieher das freie Spiel <strong>der</strong> Kräfte aus eigenem Interesse einmal zügeln<br />

– zum Beispiel, wenn sein Sprössling auf dem Steinway-Flügel das Steppen übt – dann<br />

versucht er es zuerst mit Bitten. Weil Bitten aber auf <strong>Natur</strong>gesetze keinen Einfluss haben,<br />

finden sie kein Gehör. Die erwünschte Wirkung wird schließlich nur mit einer<br />

handfesten Kausalität erzielt: „Du kriegst auch ein neues Computerspiel, wenn du aufhörst!“<br />

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