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Herrschaft der Natur - Wagn, Klaus

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Die kausale Dankbarkeit<br />

Das Subjekt ist dankbar, denn es steht außerhalb <strong>der</strong> Kausalität.<br />

Der kausale Mensch führt alles auf materielle Ursachen zurück. Wenn er gut zu essen<br />

hat, dann ist er dafür nicht dankbar, am wenigsten Gott. Für ihn ist das eine Folge <strong>der</strong><br />

Gesetze <strong>der</strong> Volkswirtschaft, des Ackerbaus, <strong>der</strong> Viehzucht, <strong>der</strong> Gastronomie. Und <strong>der</strong><br />

eigenen Leistung – schließlich ist er tüchtig und kann sich etwas leisten. Das tägliche<br />

Brot steht ihm ganz einfach zu.<br />

Bei <strong>der</strong> Kausalität gibt es nichts zu danken. Unter bestimmten Bedingungen muss <strong>der</strong><br />

Ackerboden einfach Weizen hervorbringen, <strong>der</strong> kann gar nicht an<strong>der</strong>s. Das ist nicht<br />

dankenswert, son<strong>der</strong>n ein <strong>Natur</strong>gesetz.<br />

Aber <strong>der</strong> Subjektmensch weiß, dass seine Existenz letztlich nicht auf Kausalität beruht.<br />

Darum dankt er Gott.<br />

Bei <strong>der</strong> alljährlich im Fernsehen übertragenen Oscar-Verleihung bedanken sich die<br />

preisgekrönten amerikanischen Stars jedes Mal öffentlich bei allen möglichen Leuten,<br />

die ihnen angeblich bei ihrer Karriere hilfreich waren, angefangen bei ihrer Urgroßmutter:<br />

Amerika ist eben, trotz allem, immer noch eine Kulturnation.<br />

Der deutsche Objektmensch – vor fünfzig Jahren noch im totalen materiellen Bankrott<br />

und auf fremde Hilfe angewiesen, die ihm (im westlichen Teil) auch großmütig von den<br />

Vereinigten Staaten gewährt wurde – hat keinen Grund mehr zum Danken.<br />

Wir in den reichen Län<strong>der</strong>n des Westens leben alle in Saus und Braus – besser als irgendeine<br />

Generation vor uns. Das Sozialsystem in Deutschland garantiert jedem, ob er<br />

arbeitet, nicht arbeiten kann o<strong>der</strong> nicht arbeiten will, einen Komfort, von dem alle früheren<br />

Generationen nur träumen konnten.<br />

Trotzdem hört man nichts als Klagen. Bei einer Repräsentativ-Umfrage kam kürzlich<br />

wie<strong>der</strong> einmal heraus, dass über die Hälfte <strong>der</strong> befragten Deutschen <strong>der</strong> Ansicht sind, sie<br />

lebten schlecht.<br />

In den <strong>Natur</strong>gesetzen ist kein Platz für Dankbarkeit. Ein Stein ist ja auch nicht dankbar<br />

dafür, dass er auf <strong>der</strong> Erde liegen darf.<br />

Was <strong>der</strong> kausale Mensch ist und hat, ist ihm selbstverständlich. Er sieht immer nur auf<br />

das, was ihm fehlt. Er ist undankbar gegen seine Eltern, <strong>der</strong>en Fürsorge und Erziehung<br />

er genossen hat. Undankbar gegen sein Land, das ihm alle demokratischen Freiheiten,<br />

soziale Sicherheit, Wohlstand und kostenlose Schulbildung gewährt, und erst recht undankbar<br />

gegen Gott, von dem alles kommt.<br />

Es ist ihm nichts genug, deshalb stellt er unentwegt maßlose For<strong>der</strong>ungen.<br />

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