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Geniebegriffe - Hans-Joachim Lenger

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grundsätzlich in Frage gestellt werden. Zumindest kann die souveräne<br />

Subjektivität sich niemals mehr auf solche Verhaltensweisen einlassen.<br />

Sie führt sogar zu folgendem Paradox: wer unter den heutigen<br />

Bedingungen souverän sein will, kann sich niemals dem Anderen<br />

überlegen glauben, es sei denn dieser Andere glaubte sich ihm überlegen.<br />

Einzig der Glaube an eine objektive Überlegenheit schafft also<br />

eine tatsächliche Unterlegenheit, eben aufgrund der modernen Unfähigkeit,<br />

die Objektivität der Macht von der souveränen Subjektivität zu<br />

trennen: unterlegen ist allein der Glaube an eine von Dingen sich<br />

herleitende Überlegenheit.<br />

10. Die Souveränität auf der Stufe des Verzichts<br />

Von nun an_ bleiben also nur zwei Möglichkeiten, die dem entsprechen,<br />

was seit je das Streben nach dem Rang war: der Wunsch nach<br />

objektiver, von der subjektiven Souveränität abgetrennter Macht und<br />

das Bemühen um die souveräne Kunst. So ist von beiden Seiten her<br />

die Weigerung, sich subordinieren zu lassen, gebunden an die Weigerung,<br />

andere sich zu subordinieren.<br />

Jedoch von seiten der Macht, gemeint ist die Sowjetmacht,<br />

/85/<br />

führt die Verweigerung der Unterordnung von Menschen unter Menschen<br />

zu ihrer Unterordnung unter die Dinge. Insofern entspricht der<br />

Marxismus genau der Formel von der » Verwaltung der Sachen«.<br />

Aber die Dinge können sich in uns nur den Teil unterwerfen, der ihnen<br />

zukommt, den Teil der Dinge, d. h. die Arbeit. Über die notwendige,<br />

auf Objekte und ihre Handhabung bezogene Arbeit hinaus ist<br />

der Mensch nicht Ding, sondern Subjektivität, die seinen souveränen<br />

Teil ausmacht. Es ist schwierig, das Verhältnis dieser entgegengesetzten<br />

Teile genau zu bestimmen, der eine objektiv, der andere subjektiv,<br />

aber in dem einen ist der gegenwärtige Moment dem späteren<br />

Resultat untergeordnet, in dem anderen ist er souverän.<br />

Das Gleichgewicht ist verschoben zugunsten des ersten in einer<br />

Phase der Akkumulation. Aber jenseits der intensiven Akkumulation,<br />

wenn die Menschheit für sich selbst arbeitet, nicht in erster Linie für<br />

die zukünftige Menschheit, verschiebt sich das Gleichgewicht notwendig<br />

in die entgegengesetzte Richtung. Notwendigerweise dient<br />

der objektive Teil, die Arbeit, dem subjektiven Teil, der schwieriger zu<br />

definieren (zu fassen) ist, den aber die souveräne Kunst artikulieren<br />

kann.<br />

Die intensive Akkumulation (die Dienstbarmachung einer Generation<br />

für die nächste) kann unvermeidlich sein. In diesem Fall kann es eine<br />

Subordination der Kunst unter die Interessen der Produktion geben<br />

(vor allem der Entwicklung der Produktivkräfte). Das ist eine totale<br />

Negation der Dimension der Souveränität. Zumindest scheinbar,<br />

denn der vorübergehende Verzicht auf die Souveränität ist in Wirklichkeit<br />

die Bestätigung der untergründigen Souveränität; diese Be-<br />

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