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Geniebegriffe - Hans-Joachim Lenger

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Intelligenz auf seiten der Handarbeit zu situieren. Vielmehr ratifiziert<br />

das Intelligent-Werden der Maschine, das sich im Computer<br />

anzeigt, der nach Turings bekanntem Ausdruck die "universelle<br />

Maschine" ist, weil er alle Maschinen "darstellen" kann,<br />

ein Rückzug solcher Oppositionen: ein Rückzug, der auch die<br />

Frage nach der "Grenze" in unabsehbarer Weise verschiebt.<br />

Vielleicht besteht die tiefe Unsicherheit, die uns erfaßt hat, ja in<br />

der Erfahrung dieser Verschiebung. Denn sie läßt nichts unangetastet;<br />

sie verwirrt nicht nur die einzelnen Disziplinen, sondern<br />

auch, was sich zwischen ihnen abspielt und was in einem<br />

nur unzureichenden Ausdruck das "Inter-Disziplinäre" genannt<br />

wird. Und es wäre allzu verführerisch, dieser Verwirrung durch<br />

eine Metaphorik des Grundes entgehen zu wollen. Verführerisch<br />

deshalb, weil eine solche Metaphorik alle vertrauten Oppositionen<br />

errichten würde: die von Haus und Weg, von Privatem<br />

und Öffentlichem, von Vertrautem und Fremdem, von Eigenem<br />

und Anderem. Oppositionen also, die sich auch im Begriffspaar<br />

von Kommunikation und Grundlegung nur wiederholen.<br />

Aber vielleicht ist die Verwirrung, die uns erfaßt hat, ja nicht<br />

nur destruktiv. Vielleicht sollte man sie zum Zuge kommen lassen.<br />

Vielleicht könnte sie ja auch Gelegenheit bieten, andere<br />

Perspektiven ins Auge zu fassen. Nicht also, ihr durch einen<br />

Rekurs auf das vermeintlich Lernbare zu entgehen, sondern sie<br />

in einem Sinn zu forcieren, in dem sich anderes abzeichnen<br />

könnte. Ein Begriff des Inter-Disziplinären vielleicht, der sich<br />

nicht so sehr in den Disziplinen als vielmehr in ihrem "Dazwischen"<br />

situieren ließe, in dem nämlich die Grenzen etwa zwischen<br />

künstlerischer, ästhetischer, wissenschaftlicher oder philosophischer<br />

Erfahrung Brüche aufweisen. In einem Dazwischen<br />

also, in dem sich die Instabilitäten erst zutragen. Oder,<br />

wie Lyotard sagt, der künstlerische Kampf um die Möglichkeit<br />

neuer Sätze ausgetragen wird.<br />

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