Geniebegriffe - Hans-Joachim Lenger
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ist er, was aber nur im Innern bleibt, da s ist er nicht.<br />
3. Manier, Stil und Originalität<br />
Wie sehr nun aber vom Künstler eine Objektivität in dem soeben angedeuteten<br />
Sinne muß gefordert werden, so ist die Darstellung dennoch<br />
das Werk seiner Begeisterung. Denn er hat sich als Subjekt<br />
ganz mit dem Gegenstande zusammengeschlossen und die Kunstverkörperung<br />
aus der inneren Lebendigkeit seines Gemüts und seiner<br />
Phantasie heraus geschaffen. Diese Identität der Subjektivität<br />
des Künstlers und der wahren Objektivität der Darstellung ist die dritte<br />
Hauptseite, die wir noch kurz betrachten müssen, insofern sich in<br />
ihr das vereinigt zeigt, was wir bisher als Ge nie und Objektivität ge<br />
sondert haben. Wir können diese Einheit als den Begriff der echten<br />
Originalität bezeichnen.<br />
Ehe wir jedoch bis zur Feststellung dessen vordringen, was dieser<br />
Begriff in sich enthält, haben wir noch zwei Punkte ins Auge zu fassen,<br />
deren Einseitigkeit aufzuheben ist, wenn die wahre Originalität<br />
soll hervortreten können. Dies ist die subjektive Manier und der Stil.<br />
a. Die subjektive Manier<br />
Die bloße Manier muß wesentlich von der Originalität unterschieden<br />
werden. Denn die Manier betrifft :nur die partikulären und dadurch<br />
zufälligen Eigentümlichkeiten des Künstlers, die statt der Sache<br />
selbst und deren idealer Darstellung in der Produktion des Kunstwerks<br />
hervortreten und sich geltend machen.<br />
α) Manier in diesem Sinne betrifft dann nicht die allgemeinen Arten<br />
der Kunst, welche an und für sich eine unterschiedene Darstellungsweise<br />
erfordern, wie z. B. der Landschaftsmaler die Gegenstände<br />
anders aufzufassen hat als der historische Maler, der epische Dichter<br />
anders als der lyrische<br />
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oder dramatische, — sondern Manier ist eine nur diesem Subjekt<br />
angehörige Konzeption und zufällige Eigentümlichkeit der Ausführung,<br />
welche sogar bis dahin fortgehen kann, mit dem wahren Begriff<br />
des Ideals in direkten Widerspruch zu geraten. Von dieser Seite her<br />
betrachtet, ist die Manier das Schlechteste, dem sich der Künstler<br />
hingeben kann, indem er sich nur in seiner beschränkten Subjektivität<br />
als solcher gehenläßt. Die Kunst aber hebt überhaupt die bloße Zufälligkeit<br />
des Gehalts sowohl als der äußeren Erscheinung auf und<br />
macht daher auch an den Künstler die Forderung, daß er die zufälligen<br />
Partikularitäten seiner subjektiven Eigentümlichkeit in sich austilge.<br />
β) Deshalb stellt sich denn auch zweitens die Manier nicht etwa der<br />
wahren Kunstdarstellung direkt entgegen, sondern behält sich mehr<br />
nur die äußeren Seiten als Spielraum vor. Am meisten gewinnt sie in<br />
der Malerei und Musik ihren Platz, weil diese Künste für die Auffas-<br />
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