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Geniebegriffe - Hans-Joachim Lenger

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stätigung kann nur untergründig sein, weil in dieser unvermeidlichen<br />

Bewegung die Subjektivität den. Menschen entgleitet, weil die<br />

Menschheit wesentlich Produktionsgemeinschaft wird und nicht jene<br />

Daseinsberechtigung für die Produkte, die nur in dem Maß greifbar<br />

wird, wie sie jene Subjektivität ihres Wesens erfaßt, die die Kunst<br />

manifestiert.<br />

Die Erfahrung, die unter diesen Bedingungen gemacht wird, kann mit<br />

Feindseligkeit betrachtet werden. Aber dennoch sollten wir ihre Lehre<br />

nicht mißverstehen. Letzten Endes können wir nicht leugnen, daß es<br />

vorteilhaft für den grundlegenden Wert der Kunst war, einer so strengen<br />

Probe unterzogen zu werden, aus der sie gleichsam wie durch<br />

das Feuer geläutert hervorgeht. Ich fühle mich keineswegs an systematisch<br />

strenge Kunstformen gebunden:<br />

/86/<br />

Ich stelle mir im Gegenteil Auflockerungen, unvermeidliche Entlastungen<br />

vor. über die unmittelbaren Reaktionen hinaus, die notwendig<br />

immer unbedeutend sind, verlangt diese Probe doch die Reduktion<br />

der Kunst auf das, was am wenigsten in Verdacht steht, bloße<br />

Zerstreuung ermüdeter Geister zu sein: auf ihren Ernst.<br />

Nur durch die grenzenlose Negation hindurch definieren sich die<br />

Möglichkeiten, die standhalten.<br />

Endlich entsteht an der Spitze ein Vakuum.<br />

Durch Macht ist Souveränität nicht mehr zu erwerben. Erst in der<br />

Einsamkeit, wie die Kontemplation in der Kunst sie erschließt, aber<br />

strenger noch, erst wenn man in einem Gefühl des Verlorenseins auf<br />

die Einfachheit des Unvermeidlichen zurückgeworfen ist, tritt ein äußerster<br />

Wert hervor, ähnlich der Schönheit, die in dem Augenblick, da<br />

der Tod droht, das vergängliche Leben noch einmal umgibt. Es geht<br />

weniger um Werke, in denen diese Schönheit Gestalt annehmen<br />

könnte; vielmehr geht es um eine Kraft, die besitzen muß, wer von ihr<br />

nicht einen Augenblick getrennt sein möchte. Und weiter: vorausgesetzt,<br />

daß die Wenigen, die das angeht, das Bewußtsein dieser Kraft<br />

haben, werden Chaos und Dissonanzen, vom Ausmaß einer Welt,<br />

nicht aufhören, den Durst zu löschen, an dem die Menschheit ewig<br />

leiden wird.<br />

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