05.09.2013 Aufrufe

Geniebegriffe - Hans-Joachim Lenger

Geniebegriffe - Hans-Joachim Lenger

Geniebegriffe - Hans-Joachim Lenger

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Theodor W. Adorno: Ästhetische Theorie<br />

Frankfurt/M.: Suhrkamp 1970, S.244-260<br />

/244/<br />

Beherrscht wird die neuere Ästhetik von der Kontroverse über deren<br />

subjektive oder objektive Gestalt. Die Termini sind dabei äquivok.<br />

Gedacht wird einmal an den Ausgang von den subjektiven Reaktionen<br />

auf Kunstwerke, im Gegensatz zur intentio recta auf jene hin, die,<br />

nach einem gängigen Schema der Erkenntniskritik, vorkritisch sei.<br />

Weiter können die beiden Begriffe sich auf den Vorrang des objektiven<br />

oder subjektiven Moments in den Kunstwerken selber beziehen,<br />

etwa nach dem Modus der geisteswissenschaftlichen Unterscheidung<br />

von Klassischem und Romantischem. Schließlich wird nach der Objektivität<br />

des ästhetischen Geschmacksurteils gefragt. Die Bedeutungen<br />

sind zu distinguieren. Hegels Ästhetik war, wo die erste in Rede<br />

steht, objektiv gerichtet, während sie unterm Aspekt der zweiten Subjektivität<br />

entschiedener vielleicht hervorhob als seine Vorgänger, bei<br />

denen der Anteil des Subjekts auf die Wirkung auf einen sei es auch<br />

idealen oder transzendentalen Betrachter limitiert war. Die Subjekt-<br />

Objekt-Dialektik trägt bei Hegel in der Sache sich zu. Zu denken ist<br />

auch ans Verhältnis von Subjekt und Objekt im Kunstwerk, soweit es<br />

mit Gegenständen zu tun hat. Es ändert sich geschichtlich, lebt jedoch<br />

nach auch in den ungegenständlichen Gebilden, die zum Gegenstand<br />

Stellung beziehen, indem sie ihn<br />

/245/<br />

tabuieren. Dennoch war der Ansatz der Kritik der Urteilskraft einer<br />

objektiven Ästhetik nicht nur feind. Sie hatte ihre Gewalt daran, daß<br />

sie, wie durchweg Kants Theorien, in den vom Generalstabsplan des<br />

Systems vorgezeichneten Positionen nicht sich häuslich einrichtete.<br />

Insofern nach seiner Lehre Ästhetik durchs subjektive Geschmacksurteil<br />

überhaupt konstituiert wird, wird es notwendig nicht nur zum<br />

Konstituens der objektiven Gebilde, sondern führt als solches objektive<br />

Nötigung mit sich, wie wenig auch diese auf allgemeine Begriffe<br />

zu bringen sei. Kant stand eine subjektiv vermittelte, doch objektive<br />

Ästhetik vor Augen. Der Kantische Begriff der Urteilskraft gilt, in subjektiv<br />

gerichteter Rückfrage, dem Zentrum objektiver Ästhetik, der<br />

Qualität, gut und schlecht, wahr und falsch im Kunstwerk. Die subjektive<br />

Rückfrage aber ist ästhetisch mehr als die epistemologische intentio<br />

obliqua, weil die Objektivität des Kunstwerks qualitativ anders,<br />

144

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!