Geniebegriffe - Hans-Joachim Lenger
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des poetischen Geistes noch ein wichtiger Punkt, wodurch er seinem<br />
Geschäfte nicht die Stimmung, den Ton, auch nicht die Bedeutung<br />
und Richtung, aber die Wirklichkeit gibt.<br />
Als reines poetisches Leben betrachtet, bleibt nämlich seinem Gehalte<br />
nach, als vermöge des Harmonischen überhaupt und des zeitlichen<br />
Mangels ein mit Harmonischentgegengesetzten Verbundenes,<br />
das poetische Leben sich durchaus einig, und nur im Wechsel der<br />
Formen ist es entgegengesetzt, nur in der Art, nicht im Grunde seines<br />
Fortstrebens, es ist nur geschwungner oder zielender oder geworfner,<br />
nur zufällig mehr oder weniger unterbrochen; als durch die poetische<br />
Reflexion vermöge der Idee des Lebens überhaupt und des<br />
Mangels in der Einigkeit bestimmtes und begründetes Leben betrachtet,<br />
fängt es mit einer idealisch charakteristischen Stimmung an, es<br />
ist nun nicht mehr ein mit Harmonischentgegengesetzten Verbundenes<br />
überhaupt, es ist als solches in bestimmter Form vorhanden, und<br />
schreitet fort im Wechsel der Stimmungen, wo jedesmal die nachfolgende<br />
durch die vorhergehende bestimmt, und ihr dem Gehalt nach,<br />
das heißt, den Organen nach, in denen sie begriffen, entgegengesetzt<br />
und insofern individueller allgemeiner voller ist, so daß die verschiedenen<br />
Stimmungen nur in dem, worin das Reine seine Entgegensetzung<br />
findet, nämlich in der Art des Fortstrebens, verbunden<br />
sind, als Leben überhaupt, so daß das rein poetische Leben nicht<br />
mehr zu finden ist, denn in jeder der wechselnden Stimmungen ist es<br />
in besonderer Form also mit seinem Geradentgegenge setzten verbunden,<br />
also nicht mehr rein, im Ganzen ist es nur als fortstrebendes<br />
und nach dem Gesetze des Fortstrebens nur als Leben überhaupt<br />
vorhanden, und es herrscht auf diesem Gesichtspunkte durchaus ein<br />
Widerstreit von Individuellem (Materialem), Allgemeinem (Formalem)<br />
und Reinem.<br />
Das Reine in jeder besondern Stimmung begriffenes widerstreitet<br />
dem Organ, in dem es begriffen, es widerstreitet dem Reinen des<br />
andern Organs, es widerstreitet dem Wechsel.<br />
/259/<br />
Das Allgemeine widerstreitet als besonderes Organ (Form), als charakteristische<br />
Stimmung dem Reinen, welches es in dieser Stimmung<br />
begreift, es widerstreitet als Fortstreben im Ganzen dem Reinen,<br />
welches in ihm begriffen ist, es widerstreitet als charakteristische<br />
Stimmung der zunächst liegenden.<br />
Das Individuelle widerstreitet dem Reinen, welches es begreift, es<br />
widerstreitet der zunächst liegenden Form, es widerstreitet als Individuelles<br />
dem Allgemeinen des Wechsels.<br />
Die Verfahrungsweise des poetischen Geistes bei seinem Geschäfte<br />
kann also unmöglich hiemit enden. Wenn sie die wahre ist, so muß<br />
noch etwas anders in ihr aufzufinden sein, und es muß sich zeigen,<br />
daß die Verfahrungsart, welche dem Gedichte seine Bedeutung gibt,<br />
nur der Übergang vom Reinen zu diesem Aufzufindenden, so wie<br />
rückwärts von diesem zum Reinen ist. (Verbindungsmittel zwischen<br />
Geist und Zeichen.)<br />
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