Geniebegriffe - Hans-Joachim Lenger
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mente ins Intelligible gespannt, so büßt die Kantische Lehre ihren<br />
Inhalt ein . Kunstwerke sind, keineswegs bloß der abstrakten Möglichkeit<br />
nach, denkbar, die seinen Momenten des Geschmacksurteils<br />
genügen und trotzdem nicht zureichen. Andere – wohl die neue<br />
Kunst insgesamt – widerstreiten jenen Momenten, gefallen keineswegs<br />
allgemein, ohne daß sie dadurch objektiv disqualifiziert wären.<br />
Kant erreicht die Objektivität tier Ästhetik, auf die er aus ist, wie die<br />
der Ethik durch allgemeinbegriffliche Formalisierung. Diese ist dem<br />
ästhetischen Phänomen, als dem konstitutiv Besonderen, entgegen.<br />
An keinem Kunstwerk ist wesentlich, was ein jegliches, seinem reinen<br />
Begriff nach, sein muß. Die Formalisierung, Akt subjektiver Vernunft,<br />
drängt die Kunst in eben jenen bloß: subjektiven Bereich, schließlich<br />
in die Zufälligkeit zurück, der Kant sie entreißen möchte und der<br />
Kunst selbst wider-streitet. Subjektive und objektive Ästhetik, als Gegenpole,<br />
stehen einer dialektischen gleichermaßen zur Kritik: jene,<br />
weil sie entweder abstrakt-transzendental oder kontingent je nach<br />
dem einzelmenschlichen Geschmack ist – diese, weil sie die objektive<br />
Vermitteltheit von Kunst durchs Subjekt werk ennt. Im Gebilde ist<br />
Subjekt weder der Betrachter noch der Sch Opfer noch absoluter<br />
Geist, viel mehr der an die Sache gebundene, von ihr präformiert,<br />
seinerseits durchs Objekt vermittelt.<br />
Fürs Kunstwerk, und darum für die Theorie, sind Subjekt und Objekt<br />
dessen eigene Momente, dialektisch darin, daß woraus auch immer<br />
es sich zusammensetzt: Material, Ausdruck, Form, je gedoppelt beides<br />
sind. Die Materialien sind von der Hand derer geprägt, von denen<br />
das Kunstwerk sie empfing; Ausdruck, im Werk objektiviert und objektiv<br />
an sich, dringt als subjektive Regung ein; Form muß nach den<br />
Necessitäten des Objekts subjektiv gezeitigt werden, wofern sie nicht<br />
zum Geformten mechanisch sich verhalten soll. Was, analog zu der<br />
Konstruktion eines Gegebenen in der Erkenntnistheorie, so objektiv<br />
undurchdringlich den Künstlern entgegentritt wie vielfach ihr Material,<br />
ist zugleich sedimentiertes Subjekt; das dem Anschein nach Subjektivste,<br />
der Ausdruck, objektiv auch derart, daß das Kunstwerk daran<br />
sich abarbeitet, ihn sich einverleibt; schließlich ein subjektives Verhalten,<br />
in dem Objektivität sich abdrückt. Die Reziprozität von Subjekt<br />
und Objekt im Werk aber, die keine Iden-<br />
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tität sein kann, hält sich in prekärer Balance. Der subjektive Prozeß<br />
der Hervorbringung ist nach seiner privaten Seite gleichgültig. Er hat<br />
aber auch eine objektive, als Bedingung dafür, daß die immanente<br />
Gesetzlichkeit sich realisiere. Als Arbeit, nicht als Mitteilung gelangt<br />
das Subjekt in der Kunst zu dem Seinen. Das Kunstwerk muß die<br />
Balance ambitionieren, ohne ihrer ganz mächtig zu sein: ein Aspekt<br />
des ästhetischen Scheincharakters. Der einzelne Künstler fungiert als<br />
Vollzugsorgan auch jener Balance. Im Produktionsprozeß sieht er<br />
einer Aufgabe sich gegenüber, von der es schwer fällt zu sagen, ob<br />
er auch nur diese sich stellte; der Marmorblock, in dem eine Skulptur,<br />
die Klaviertasten, in denen eine Komposition darauf warten, entbun-<br />
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