1945 - Deutschland 1933 – 1990
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<strong>1945</strong><br />
auf eine berufliche Karriere unter den damaligen Umständen später<br />
eine politische Karriere ermöglichen würde. Geplant waren erstmal<br />
eintausend Jahre Drittes Reich, in denen es nach dem Chaos der Krise<br />
sozialpolitisch für die Mitschwimmer bis 1939 jedes Jahr besser wurde.<br />
Am 1. September 1939 hieß es dann im Radio: Ab heute wird zurückgeschossen;<br />
damit begann Adolf Hitlers Krieg um alles oder nichts. Als<br />
der Mittdreißiger Kiesinger im Frühjahr des Jahres 1940 schließlich<br />
selbst einen Gestellungsbefehl zur Wehrmacht erhalten hatte, half ihm<br />
Vitamin B (Beziehungen oder neu-deutsch auch Connections). „Der im<br />
Auswärtigen Amt tätige Heinz Gerstner wies Kiesinger darauf hin, dass<br />
in der Kulturabteilung Personal gesucht würde.“ Damals konnte man<br />
ja nicht irgendwie mal ganz einfach verweigern, sonst wurde man da<br />
irgendwie ganz einfach erschossen. Da war eine warme Amtsstube im<br />
Auswärtigen Amt doch die angenehmere Alternative. Jürgen Klöckler<br />
sagte auch ein Wort zum weiteren Werdegang des für Kurt Kiesinger<br />
rettenden Strohhalmes: „Heinz Gerstner machte später in der DDR<br />
Karriere als Journalist. Er war u. a. Chefredakteur der Berliner Zeitung<br />
und Moderator der Fernsehsendung Prisma.“<br />
Es ging einige Zeit ins Land, und es wäre Kiesinger um ein Haar auf die<br />
Füße gefallen, was die Deutschen zu allen Zeiten besser beherrschten<br />
als das selbstständige Nachdenken. Sie können andere gut verpfeifen.<br />
„Das Schlüsseldokument zur Rolle Kiesingers im Auswärtigen Amt ist<br />
die Denunziation durch seine beiden Mitarbeiter Ernst Otto Dörries<br />
und Hans Dietrich Ahrens, beide Referatsleiter in der Rundfunkpolitischen<br />
Abteilung. In einer Aufzeichnung vom 7. November 1944, die<br />
dem Reichssicherheitshauptamt und dem Persönlichen Stab des<br />
Reichsführers SS zuging, griffen sie ihn schwer an.<br />
Kiesinger wurde in dem Schriftstück der »Sabotage der antijüdischen<br />
Aktion« beschuldigt. Er sei Vertreter einer »liberalistischen Gesinnung«,<br />
»die entweder bewusst oder unbewusst den Radikalismus der<br />
nationalsozialistischen Weltanschauung ablehnt und als Wunschziel<br />
(oder festes Programm?) einen Ausgleich um jeden Preis mit der<br />
anglo-amerikanischen Welt anstrebt.<br />
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