1945 - Deutschland 1933 – 1990
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<strong>1945</strong><br />
Kenntnis von seiner Rolle haben, wenn er selbst darüber nicht sprach<br />
und eine Aufklärung der Zusammenhänge verhinderte? Noch in den<br />
Memoiren deutete er seine Rolle nur an. Doch allein schon weil er von<br />
diesem Plan Kenntnis hatte und ihn nicht sofort pflichtschuldigst bei<br />
der Gestapo anzeigte, war er natürlich einer von den Verschwörern.<br />
Die Schlüsselrolle, die Reinhard Gehlen bei diesem Staatsstreich von<br />
1944 innehatte, wurde also in den Jahren nach <strong>1945</strong> nicht erwähnt. Das<br />
wäre aber genau der Baustein gewesen, der im In- wie im Ausland zu<br />
einem anderen Bild von den Absichten der 1949er Führung in Bonn geführt<br />
hätte. Ganz beiläufig brabbelte der BND-Experte Erich Schmidt-<br />
Eenboom so vor sich hin: „Wie Gehlen es fertig brachte, von einer der<br />
publizistischen Wegbereiterinnen einer neuen, aufgeklärten Ostpolitik<br />
als Weggefährte angesehen zu werden, bleibt sein Geheimnis. Eine<br />
plausible Antwort auf die Frage, warum Gräfin Dönhoff ihn in jeder<br />
Beziehung zu loben wusste, könnte im Verhältnis beider zum militärischen<br />
Widerstand im Dritten Reich liegen, der für beide bestimmend<br />
für ihr weiteres Leben war.“ Das war durchaus eine plausible Antwort.<br />
Gräfin Dönhoff hatte während der Herrschaft eines Adolf Hitler unter<br />
Lebensgefahr Kurierdienste zwischen hochrangigen Persönlichkeiten<br />
im Widerstand und Kontaktpersonen im Ausland geleistet und später<br />
eine hervorragende Rolle in der therapeutischen Öffentlichkeitsarbeit<br />
der westdeutschen Nachkriegselite innegehabt.<br />
Tatsächlich sind Gehlens Memoiren geeignet, um das Rätselraten rund<br />
um die Vorgänge nach <strong>1945</strong> zu beenden. Lassen wir uns von ihm in die<br />
geheimsten Geheimnisse der Neuzeit einführen: „Jahrelang waren wir<br />
gezwungen, mit den Augen des Gegners zu sehen und uns in seine<br />
Denkweise und Absichten einzuleben. Schon frühzeitig konnten wir<br />
seine wachsende Siegeszuversicht feststellen und mussten sie als berechtigt<br />
anerkennen. Damit ahnten wir aber auch unausweichlich das<br />
Herannahen der Katastrophe voraus. Es ist verständlich, dass sich dabei<br />
auch Überlegungen aufdrängten, was getan werden müsse, wenn<br />
der Zusammenbruch einmal eingetreten sei.“ Welche Überlegungen<br />
waren das? Er schrieb, man wollte sich „nicht mit dem Gedanken abfinden,<br />
dass nunmehr endgültig das Ende <strong>Deutschland</strong>s gekommen sei.<br />
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