1945 - Deutschland 1933 – 1990
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<strong>1945</strong><br />
dungsmann zwischen der militärischen Abwehr und dem Vatikan<br />
gewesen, hatte aber auch gute Beziehungen zu hohen SS-Führern<br />
sowie zu alliierten Geheimdiensten unterhalten. Gegen Kriegsende war<br />
er von der Gestapo wegen seiner Kontakte zu den Verschwörern vom<br />
20. Juli 1944 verhaftet worden. Doch dank seiner glänzenden Verbindungen<br />
nach allen Seiten war er mit dem Leben davongekommen.“<br />
Wenn man die beruflichen Erinnerungen von Markus Wolf liest, stürzt<br />
man über eine ganze Reihe führender Bonner Volksvertreter aus den<br />
Nachkriegsjahrzehnten, darunter auch eben jenen Dr. Josef Müller.<br />
Was sie verband, war, dass sie Markus Wolf den Bären aufbanden, dass<br />
sie, wie zum Beispiel Konrad Adenauers Finanzminister Fritz Schäffer,<br />
„deutschlandpolitische Vorstellungen [hegten], die in krassem Widerspruch<br />
zur Politik“ des Bundeskanzlers standen. Bedenklich stimmt,<br />
dass der Spionagechef das den führenden Köpfen so auch abkaufte:<br />
„Viele hatten wie [Ernst] Lemmer schon im Widerstand Kontakt zu<br />
kommunistischen Kreisen gehabt. Sie sahen es als patriotische Pflicht<br />
an, gegen den deutschland- und innenpolitischen Kurs Adenauers zu<br />
wirken. Gute Kontakte hatten wir schon früh in die bayerische CSU,<br />
und sie sollten bis zur Wende nicht abreißen. Eine unserer Quellen<br />
gehörte zum Kreis um den Vorsitzenden Dr. Josef Müller, genannt<br />
»Ochsensepp«, der Adenauers Politik kritisch gegenüberstand. Durch<br />
sie erfuhren wir auch erstmals von einem Nachwuchstalent namens<br />
Franz Josef Strauß.“ Der seinerseits allerdings jetzt aber bitte wirklich<br />
nicht gegen den deutschland- und innenpolitischen Kurs von Kanzler<br />
Adenauer in Erscheinung trat.<br />
Dem britischen Historiker Timothy G. Ash fiel auf, dass im Westen<br />
<strong>Deutschland</strong>s, „anders als in Frankreich und, mehr noch, den Vereinigten<br />
Staaten <strong>–</strong> dieselben Personen über eine lange Zeit hinweg mit denselben<br />
Themen befasst waren“. Es ist unwahrscheinlich, dass die in der<br />
Frage der Außenpolitik relevanten Journalisten, Publizisten und die<br />
Politiker ihr Ziel mit jedem neuen Jahrzehnt geändert haben könnten,<br />
wie es denn nun mit <strong>Deutschland</strong> nach Hitler weitergehen sollte. Die<br />
Beibehaltung des Kurses war nur am Anfang der siebziger Jahre eine<br />
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