1945 - Deutschland 1933 – 1990
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<strong>1945</strong><br />
„Gehlen gelang es, die Arbeiten in »Fremde Heere Ost« stärker zu systematisieren,<br />
doch die Analysen blieben mäßig bis schlecht.“ Dass sie<br />
sich manchmal sogar mäßig ausnahmen, lag am Selbsterhaltungstrieb<br />
Gehlens. Er wäre auch hingerichtet worden, hätte man aus den ausnahmslos<br />
schlechten Berichten und Analysen eher geschlussfolgert,<br />
dass sich der „Spion“ darum sorgte, dass dieser Krieg nicht mit einem<br />
Endsieg für diesen Psychopaten aus Braunau am Inn enden darf, der als<br />
Kind immer geärgert worden war, er hätte jüdische Vorfahren. Schon<br />
damals in der größten DDR auf der Welt hatte ich eine Leidenschaft für<br />
treffsicheren politischen Humor. So verwundert es nicht, dass mir ein<br />
Spruch des Diplomaten von Etzdorf gefällt. Bei passender Gelegenheit<br />
brachte er „in Anlehnung an den Titel einer Schrift von Schopenhauer:<br />
Die Welt als Wille und Vorstellung die wirklichkeitsfremde Denkweise<br />
Hitlers auf den bitteren Nenner: Die Welt als Wille ohne Vorstellung“.<br />
Wenn ich hier behaupte, man hätte aus der Abwehr zum Chef machen<br />
können, wen man wollte, so wird das unter anderem damit illustriert,<br />
dass auch der nächstbeste Kandidat auf deutscher Seite gekämpft hat<br />
und nicht auf der österreichischen, zumindest nicht für Hitlermausi.<br />
„Als Gehlens Stellvertreter Gerhard Wessel unterrichtet wurde, dass<br />
der Umsturzversuch missglückt war, öffnete er mit einem Nachschlüssel<br />
den Schreibtisch seines erkrankten Chefs und vernichtete die<br />
belastenden Unterlagen. Als die Gestapo dann am nächsten Tag in<br />
Gehlens Büro eindrang, konnte sie keinen Hinweis auf die konspirative<br />
Verbindung des FHO-Chefs zum Widerstandskreis mehr finden. So<br />
blieb dem General ein ähnliches Schicksal erspart wie dem Abwehrchef,<br />
Admiral Wilhelm Canaris, der wenige Monate später im Konzentrationslager<br />
Flossenbürg unter dem Fallbeil starb.“<br />
Ein anderer Akteur neben Gehlen, der den Amerikanern später Angst<br />
vor den Sowjets einjagte, war Hans Herwarth von Bittenfeld. Er war<br />
Ende der dreißiger Jahre ein Diplomat an der deutschen Botschaft an<br />
der Moskwa. „Er erzählte US-Vertrauensleuten alle Einzelheiten der<br />
deutsch-sowjetischen Annäherung von 1939. Nach dem Krieg wurde er<br />
Protokollchef des Auswärtigen Amtes (bis 1955), Botschafter in London<br />
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