1945 - Deutschland 1933 – 1990
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<strong>1945</strong><br />
Der G-2-Dienst freilich wusste, wie gering die eigenen Kenntnisse über<br />
»Uncle Joe« und sein Imperium im Augenblick waren. Dem G-2-Dienst<br />
musste daher, wie die bisherigen Gespräche gezeigt hatten, das Angebot<br />
auf Zusammenarbeit nicht nur einleuchten, sondern sogar verlockend<br />
erscheinen. Seine Annahme würde ihm viele organisatorische<br />
Arbeit ersparen. Sie gewährleistete außerdem den Zugang zu Erkenntnissen,<br />
deren Beschaffung aus eigener Kraft erst nach Jahren möglich<br />
gewesen wäre. Aber im allgemeinen Bewusstsein war die Sowjetunion<br />
der Verbündete und Siegespartner, an dessen Freundschaft und demokratische<br />
Entwicklung viele noch glaubten.<br />
Waren nicht die Amerikaner auch deshalb in den Krieg gezogen, um<br />
den »preußisch-deutschen Militarismus« auszurotten? Konnte man<br />
der eigenen Öffentlichkeit, ja selbst der Masse der eigenen Offiziere<br />
zumuten, angesichts der Naziverbrechen, die das Fraternisierungsverbot<br />
ausgelöst hatten, nun mit ehemaligen deutschen Offizieren und<br />
früheren Angehörigen des deutschen Nachrichtendienstes zusammenzuarbeiten?“<br />
Die Neulinge auf dem Parkett der großen Politik haben es den Leuten<br />
in Amerika letztlich zugemutet. In <strong>Deutschland</strong> sammelte man in der<br />
Zwischenzeit diejenigen ein, die Generalmajor Gehlen als Mitarbeiter<br />
empfohlen hatte. Sicher ging Gehlen von einer gewissen Naivität der<br />
Amerikaner aus; aber das konnte er nicht voraussehen: „Obschon der<br />
G 2 von USFET, also Sibert, irgendeine bereits bestehende Abteilung<br />
des militärischen Nachrichtendienstes hätte beauftragen können, den<br />
zusammengefassten deutschen Stab zu strukturieren und zu führen,<br />
entschied er sich stattdessen, Oberstleutnant John Deane als Projektoffizier<br />
zu bestimmen. Er kam aus der G 2-Abteilung von USFET, war<br />
Fallschirmjäger, besaß keine Erfahrung auf dem Gebiet des Nachrichtendienstes<br />
und sprach kein Deutsch.“ Und als ob die Deutschen nicht<br />
bis vor kurzem mit scharfer Munition auf die Amerikaner geschossen<br />
hätten, „bedurfte [der Stab um Gerhard Wessel] keiner Überwachung<br />
durch einen Stab in Oberursel“. Man sollte meinen, diese Einschätzung<br />
stamme von einem der deutschen Akteure, doch sie stammt von James<br />
H. Critchfield.<br />
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