1945 - Deutschland 1933 – 1990
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<strong>1945</strong><br />
ein Hauptgegner des Sozialismus und der DDR war?“ erläuterte der<br />
Kommunist: „Lesen Sie mal das Buch von Strauß »Erinnerungen«. Dort<br />
werden Sie die Antwort finden. Strauß war ein Realpolitiker. Ich habe<br />
ihn sehr geachtet. Er hat immer das eingehalten, was er gesagt hat.“<br />
Doch man wollte noch mehr wissen: „Haben Sie sich nicht gewundert,<br />
dass er plötzlich so ein »Freund« der DDR war?“ Und obwohl Strauß in<br />
den Lexika der DDR so hässliche Kritiken einsteckte, antwortete der<br />
Kommunist Honecker: „Ich habe Strauß nie als einen Feind der DDR<br />
gesehen. Und er hat das auch nie behauptet. Die internationalen Beziehungen<br />
richten sich nicht danach, ob die Person ein »Freund« oder<br />
sonstwas ist, das sind Beziehungen zwischen den Staaten.“<br />
Nun müssen Sie aber nicht denken, Strauß hätte seine Sympathie für<br />
den Sozialismus auf deutschem Boden erst so spät entdeckt. Markus<br />
Wolf, der Chef der Auslandsspionage der DDR, wusste zu berichten,<br />
dass die Verbindung zu Strauß auf die Zeit kurz nach der Gründung<br />
der DDR zurückging: „Neben Dr. Wiedemanns Büro ließ sich im Bonn<br />
der 50er Jahre der Salon einer Dame recht vielversprechend an. [...]<br />
Lydia, so lautete unser Deckname für Susanne Sievers, richtete in Bonn<br />
eine gastliche Wohnung ein, in der sie eine Art Salon führte, wo Abgeordnete<br />
und Politiker sich zwanglos einfanden, darunter Franz Josef<br />
Strauß und Willy Brandt, mit dem Susanne Sievers vor ihrer verhängnisvollen<br />
Reise zur Leipziger Messe eine leidenschaftliche Affäre gehabt<br />
hatte. Durch sie erfuhren wir, dass Strauß nicht zu jeder Stunde<br />
der fanatische Sozialistenfresser war, den er vor der Öffentlichkeit abgab,<br />
sondern ein nüchtern denkender Pragmatiker.“<br />
Wolf ergatterte ja neben anderen eigentlich nützlichen Informationen<br />
auch jene, „dass man im Lager von Kohl, Strauß und Flick sehr viel<br />
pragmatischer dachte, als es den Anschein haben mochte, und das<br />
nicht nur, wenn es um Geld ging“. Wie der Zufall so spielt, finden sich<br />
genau diese drei Namen auch in einem Reisebericht von Helmut Kohl<br />
wieder, der unter anderem Anfang der siebziger Jahre privat durch die<br />
schönste DDR auf dieser Welt tourte: „Auf der Reise erlebten wir viel<br />
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