1945 - Deutschland 1933 – 1990
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<strong>1945</strong><br />
Ich wurde als erster in einen Jeep der MP [Military Police] verfrachtet<br />
und bei dem G-2, dem Feindlagenbearbeiter der Division, in Wörgl<br />
abgeliefert. Dieser G-2 erfasste sofort welche Bedeutung unsere Selbstgestellung<br />
hatte und zeigte sich an einer Befragung sehr interessiert.<br />
Ich wurde von ihm in Gegenwart einer Sekretärin vernommen, die<br />
über diese Aussagen Protokoll führte. Die wichtigsten Fragen erstreckten<br />
sich zunächst allerdings weniger auf meinen früheren Fachbereich<br />
als vielmehr auf die Verhältnisse in <strong>Deutschland</strong> in der Zeit des Nationalsozialismus.“<br />
Das konnte nicht wirklich überraschen, verdeutlicht<br />
aber, worum es den Amerikanern nach dem Sieg ursprünglich ging.<br />
„Bis jetzt war ich, einschließlich des uns betreuenden Vernehmungsoffiziers,<br />
nur amerikanischen Offizieren begegnet, die die Lage ausschließlich<br />
unter dem Eindruck der offiziellen [amerikanischen] Propaganda<br />
sahen. Fast alle, mit denen ich bisher gesprochen hatte,<br />
waren der Auffassung, dass die Sowjetunion sich vom Kommunismus<br />
hinweg zu einem liberalen Staat entwickele. Von Stalin wurde immer<br />
als von »Uncle Joe« gesprochen. Über die tatsächlichen expansiven<br />
Ziele der Sowjets bestanden bei meinen bisherigen Gesprächspartnern<br />
keinerlei Vorstellungen.“ Unter diesen Umständen wäre es sicher nach<br />
dem Krieg möglich gewesen, eine Liberalisierung der Sowjetunion auszuhandeln,<br />
sich aber zumindest in der deutschen Frage zu einigen und<br />
auch eine zeitnahe Rückführung der deutschen Kriegsgefangenen zu<br />
erreichen. Daraus wurde jedoch nichts. Gehlen wurde erst einmal nach<br />
America überführt, wo man ihn weiter intensiv befragte.<br />
„Schon am Tage nach meinem Eintreffen wurde ich am Vormittag in<br />
den Garten heruntergeführt, wo mich ein Captain mit Namen Hallstedt<br />
begrüßte und sich mit mir in die Sonne auf eine Bank setzte. Captain<br />
Hallstedt war ein adrett aussehender, sympathisch wirkender Offizier.<br />
Er mochte etwa 35 Jahre alt sein und entsprach in seiner Haltung und<br />
seinem Auftreten unseren deutschen Vorstellungen über den Offizier<br />
schlechthin.<br />
Er war, wie ich später erfuhr, von deutscher Abstammung, Amerikaner<br />
in der zweiten Generation. In [Captain] Hallstedt traf ich den ersten<br />
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