1945 - Deutschland 1933 – 1990

1945
delikate Angelegenheit, weil sie gegen den vom Publikum gewählten
Kanzler Brandt erreicht werden musste. Ohne Personenschaden.
Da ging es im Osten Deutschlands schon eher zur Sache. 1965 gab sich
Erich Apel die Kugel, weil seine Wirtschaftsreformen nicht umgesetzt
wurden. Den Genossen Walter Ulbricht ließ Erich Honecker 1971 durch
Männer vom Personenschutz mit Maschinenpistolen zum Rücktritt bewegen,
und Herrn Honeckers Rivale Werner Lambertz ist 1978 unter
selbstredend ungeklärten Umständen über der Wüste Sahara mit dem
Hubschrauber vom Himmel gefallen. Das alles blieb dem Volkstribun
Willy Brandt erspart. Der Held von Warschau durfte sich nach seinem
Abschied von der großen Politik auf Wunsch von Helmut Schmidt „um
die Partei und deren Kindergärten“ kümmern.
Ich vermute ernstlich, dass die Alliierten bei ihren deutschen Partnern
zweimal auf das falsche Pferd setzten. Sie vertrauten den Leuten um
Gehlen, weil man sie ja für unschädlich gemachte Antikommunisten
hielt; und für den Aufbau einer Demokratie vertrauten sie den Leuten
aus dem Widerstand, weil sie aus dem Widerstand gegen die Diktatur
kamen. Um ehrlich zu sein – je mehr ich darüber nachdenke, desto
mehr glaube ich, dass all die Ausländer auf diesen Bluff zwangsläufig
hereinfallen mussten. Wer hätte diese Hinterhältigkeit mitbekommen
sollen? Das Schaf hatte sich nach dem Krieg in den Wolfspelz früherer
Regierungen gekleidet und versetzte Alt-Europa in der altbekannten
Tracht weiter in Angst und Schrecken. Dafür waren die Grundmotive
der Bonner Politik – die Forderung nach den Grenzen von 1914 oder
auch von 1937 genauso wie die Wiederbewaffnung bis hin zur dauernd
geforderten Verfügungsgewalt über Atomwaffen – exzellent geeignet.
All das ergab die höchst explosive Mischung, die jeden vernünftigen
Menschen von Vorschlägen für eine Wiedervereinigung nur abhalten
konnte. Ich bin auch nur durch Literatur darauf gekommen, die erst
nach 1990 publiziert wurde – angeregt durch die erschrockene erste
Reaktion von Bundeskanzler Helmut Kohl auf die Grenzöffnung. Diese
Entscheidung der Verschwörer von 1989 hatte er als „ungewöhnliche
intellektuelle Fehlleistung“ eingestuft.
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