1945 - Deutschland 1933 – 1990
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<strong>1945</strong><br />
entstellt. Das hatte einen anderen Rang. Wir haben uns so gut verstanden,<br />
dass in Verbindung mit den Witzen, die da ausgetauscht wurden<br />
bei seinem Besuch bei uns, ich tatsächlich einen Bonbon in der Tasche<br />
hatte und zum Abschluss gesagt habe: »Na, Helmut, hier hast du den.«<br />
Und er hat ihn mit Freuden genommen. Wir haben uns auch Schneebälle<br />
zugeworfen an der Treppe des Rathauses von Güstrow.“<br />
Nun haben wir genug Schmus zum Wohle des Sozialismus gehört und<br />
wollen uns jetzt wieder dem realen Leben existierender Menschen<br />
zuwenden. Ist eigentlich witzig: Schmus ist ein hebräisch-jiddisches<br />
Wort. Ja, ja. Immer die Juden. Im historisch-linguistischen Diskurs an<br />
den Stammtischen westdeutscher Eckkneipen wird gelegentlich die<br />
Frage thematisiert, inwiefern sich die These aufrechterhalten lässt, wir<br />
seien ein Volk. Hier handelt es sich um eine bedeutungsvolle Frage, die<br />
an dieser Stelle auch erörtert werden soll. Mein Votum fällt, wie nicht<br />
anders zu erwarten, positiv aus; und ich will Ihnen mein gewichtigstes<br />
Argument hier nennen. Das Motiv, es sei doch nicht alles ganz falsch<br />
gewesen, gab es im allerschönsten Teil dieses Landes auch, wenngleich<br />
Jahrzehnte vor dem schrecklichen Sülz im Osten und um einige Ellen<br />
gruseliger: „Die Gegenwart versöhnte durch die Gemeinsamkeit mit<br />
den Amerikanern in der Feindschaft zum Kommunismus; eine Übereinstimmung,<br />
die für die Westdeutschen einen starken Gefühlstrieb<br />
aus dem Motivbündel der Hitlerei wieder freisetzte: Alles war doch<br />
nicht falsch gewesen. Die gesellschaftspolitischen Fragen im Land fanden<br />
ihre glückliche Antwort: durch den Vergleich mit drüben, mit den<br />
Entwicklungen jenseits der Elbe.“ Da hatte Günter Gaus vollkommen<br />
Recht <strong>–</strong> dort wurden die armen Nazis sogar aus ihren angestammten<br />
Berufen hinausexpediert! Lehrer, Richter, KZ-Ärzte. Die spätere rosa<br />
Propaganda, wie sie in den siebziger und in den achtziger Jahren über<br />
den West-DeutschInnen hernieder ging, blieb natürlich nicht ohne<br />
Folgen. So rieben sich hier die Ost-DeutschInnen nach ihrer Absage an<br />
einen Sozialismus von und mit Genossen Erich Honecker erstaunt ihre<br />
Augen: „<strong>1990</strong>, sobald der Osten den Westen gewählt hatte, stattete ihn<br />
der Westen großzügig mit Schulbüchern aus, damit junge Ostdeutsche<br />
die Wahrheit über deutsche Politik und Geschichte lernen konnten. Als<br />
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