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Muslim-Tests

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mung ein und desselben Gegenstandes durch ein Kind und einen Erwachsenen (oder<br />

durch einen <strong>Muslim</strong> und einen Europäer) völlig unterschiedlich sind oder sein können,<br />

so ist es wohl auch zwischen einem Fachbeamten und einem Politiker. Die Wahrnehmung<br />

der Realität kann bei beiden erheblich voneinander abweichen, ebenso wie der<br />

Inhalt ein und desselben verwendeten Begriffs. Ich habe den Eindruck, dass dieses<br />

Phänomen auch hier aufgetreten ist.<br />

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die offizielle Haltung des Innenministeriums<br />

„draußen“, also bei den Einbürgerungsbehörden natürlich ebenfalls als Kehrtwende<br />

empfunden wurde. 220 Vor allem wusste jetzt niemand mehr, wann er denn Zweifel<br />

haben durfte, musste oder sollte und wann nicht. Die klare Bezugnahme auf die Liste<br />

der 57 Staaten der Islamischen Konferenz sollte genau diese Schwierigkeit vermeiden<br />

helfen. Aber das schien außer den Betroffenen (und mir und meinem Team) niemanden<br />

ernstlich zu bekümmern. Und die Verwaltungsangehörigen sind es durchaus gewöhnt,<br />

in entscheidenden Situationen von der Politik allein gelassen zu werden. Die kommen<br />

immer irgendwie klar.<br />

Bleibt die Frage: Warum hat man nicht eine klare Linie bezüglich der <strong>Muslim</strong>e für verbindlich<br />

erklärt, die diese bei der Einbürgerung vor die Entscheidung stellte: Entweder<br />

ein klares Bekenntnis zu den Grundwerten unserer Verfassung und unserer europäischen<br />

Werteordnung oder keine Einbürgerung? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Aber<br />

spekulieren kann man natürlich. Spekulation Nr. 1: Im Zeitpunkt der Entscheidung, also<br />

Mitte Januar 2006, war keineswegs klar, wie die Sache aus- bzw. weitergehen würde.<br />

Also war eine moderate Haltung angezeigt. Spekulation Nr. 2: Man merkte erst jetzt so<br />

richtig, auf was man sich da eingelassen hatte, und versuchte sich einigermaßen aus<br />

der Affäre zu ziehen. Spekulation Nr. 3: Man glaubte tatsächlich, mit der Religionsfreiheit<br />

des Artikels vier unseres Grundgesetzes in Konflikt zu geraten und zudem noch<br />

den Zorn der Kirchen auf sich zu ziehen (den des Zentralrats der Juden in Deutschland<br />

hatte man ja schon). Spekulation Nr. 4 ... Ach, machen Sie doch bitte selbst weiter, lieber<br />

Leser.<br />

220 Auch zwei völlig unbeteiligte Autoren, zudem beide noch Richter, sehen das offenbar so: Franz-<br />

Wilhelm Dollinger (Landessozialgericht Stuttgart) und Andreas Heusch (OVG Münster), Das Bekenntnis<br />

zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung als unverzichtbare Bedingung der Einbürgerung,<br />

S. 220 l.Sp.: „Auch wenn der baden-württembergische Innenminister H. Rech in der politischen<br />

Diskussion betont hat, der Leitfaden solle nicht nur im Gespräch mit muslimischen Einbürgerungsbewerbern<br />

herangezogen werden, so hat die ministerielle Handreichung doch recht eindeutig<br />

diese Bevölkerungsgruppe im Blick.“ S. auch aaO., S. 224 Fußn. 77.<br />

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