Muslim-Tests
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9. Die Gutachten: legal, illegal, scheissegal<br />
Also, ganz ehrlich: Wenn wir das Spiel gespielt hätten, aus der satirischen Zusammenfassung<br />
im Gutachten von Gössner auf den Gegenstand zu schließen, um den es dabei<br />
geht, ich wäre nie im Leben auf unseren Gesprächsleitfaden gekommen. Was sind moralisch<br />
aufgeladene Fragen? 274 Wieso wird mit einer Frage (die ja nicht lautet: Haben<br />
Sie aufgehört, Ihre Frau zu schlagen?) etwas unterstellt? Und was ist der Inhalt des<br />
„Generalverdachts“, der sich „klischeehaft“ durch nahezu alle Gazetten und Erklärungen<br />
zieht? Nun ja, wer weiß, was ich geschrieben hätte, wenn ich nicht der Verfasser des<br />
Gesprächsleitfadens, sondern Rechtsanwalt in Bremen gewesen wäre!<br />
Rolf Gössner lässt sich nicht mit einem Wort beschreiben: 68er, Buchautor, 275 Rechtsanwalt<br />
(Bremen), Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte (Berlin), Promotion<br />
zum Thema „Politische Justiz im präventiven Sicherheitsstaat“, aller Staatsgewalt<br />
abhold, gleichwohl Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten usw. Selten<br />
liest man eine so beeindruckende Vita. Sein Gutachten ist ungleich weniger beeindruckend.<br />
Bereits der Titel lässt aufhorchen: „Rechtspolitisch-gutachterliche Stellungnahme<br />
zum Gesprächsleitfaden für Einbürgerungsbehörden in Baden-Württemberg“.<br />
Die korrekte Bezeichnung unseres „Fragebogens“ gleich im Titel des Gutachtens stieß<br />
natürlich auf meine ungeteilte Sympathie. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit unserem<br />
Anliegen suchte ich jedoch vergeblich – und war angesichts der Auftraggeber<br />
auch schwerlich zu erwarten. Das Wort „Koran“ kommt zum Beispiel kein einziges Mal<br />
im Text vor, geschweige denn das Zitat einer „problematischen“ Sure. Auch das Stichwort<br />
„Scharia“ hat der Gutachter hartnäckig verbannt, obwohl es ihm kaum unbekannt<br />
geblieben sein kann. 276<br />
Nach den Ausführungen zur möglichen Willkür vorurteilsbeladener einfacher Verwaltungsbeamter<br />
musste ich erst mal tief durchatmen: Hallo, Herr Gössner, klingt das nicht<br />
schon beinahe klischeehaft und könnte die Betroffenen diskriminieren, stigmatisieren<br />
und ausgrenzen? Leben wir nicht in einem Rechtsstaat, in dem gegen jeden Akt der<br />
274 Offenbar etwas sehr Unanständiges!<br />
275 Der Apparat, Ermittlungen in Sachen Polizei, 1982, und Im Schatten des Rechts, Methoden einer<br />
neuen Geheim-Polizei, 1984, jeweils mit Uwe Herzog.<br />
276 Das erinnert mich an eine Parodie von Armin Eichholz („In Flagranti“, 1960, S. 28) auf „Tagebuchnotizen<br />
von Ernst Jünger“, wo es heißt: „auffallend ist die Vermeidung des Wortes ‚gelb’.“<br />
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