Differenzierbare Mannigfaltigkeiten - Mathematisches Institut
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12 1 <strong>Mannigfaltigkeiten</strong> T. tom Dieck<br />
4 Zum Begriff der Mannigfaltigkeit<br />
Die folgenden beiden Sätze zeigen, warum die Ordnung der Differenzierbarkeit<br />
meist vernachlässigt werden kann.<br />
(4.1) Satz. Jede C r -Struktur auf einer Mannigfaltigkeit enthält eine reell analytische<br />
Struktur (1 ≤ r ≤ ∞).<br />
✷<br />
(4.2) Satz. Sei 1 ≤ r < p ≤ ω. Sind zwei <strong>Mannigfaltigkeiten</strong> C r -diffeomorph,<br />
so auch C p -diffeomorph.<br />
✷<br />
Beide Sätze wurden von Whitney [147] bewiesen, wobei im Satz (1.??) für<br />
den Fall p = ω vorausgesetzt wurde, daß es sich um C ω -Untermannigfaltigkeiten<br />
eines euklidischen Raumes handelt. Um (1.??) in voller Allgemeinheit zu erhalten,<br />
muß noch ein Satz von Grauert [52] über die Einbettbarkeit reell-analytischer<br />
<strong>Mannigfaltigkeiten</strong> verwendet werden. In (1.??) braucht man nicht die abzählbare<br />
Basis und die Separiertheit [90]. Für Beweise siehe auch [107] und [65]. Es gibt<br />
topologische <strong>Mannigfaltigkeiten</strong> ohne differenzierbare Struktur [80].<br />
Riemann hat in seinen Beiträgen zur Funktionentheorie den Standpunkt vertreten,<br />
daß zunächst die grundlegenden topologisch-geometrischen Eigenschaften<br />
der Flächen herausgearbeitet werden müssen, damit deutlich wird, wie diese die<br />
feineren funktionentheoretischen Phänomene beeinflussen [120] [121] [122, p. 9–<br />
12, 85–89].<br />
Die Definition der Mannigfaltigkeit enthält eine Idee, die noch vielerlei andere<br />
Ausprägungen zuläßt:<br />
Gegeben sind lokale Modelle (hier: die euklidischen Räume und ihre offenen<br />
Teilmengen). Die lokalen Modelle werden durch die spezifizierte Klasse von Kartenwechseln<br />
verheftet (hier: C r -Diffeomorphismen; holomorphe Isomorphismen).<br />
Das Resultat der Verheftung wird globales Objekt genannt. Überhaupt beziehen<br />
sich lokale Betrachtungen auf Aussagen über (kleine) Umgebungen von Punkten<br />
und globale auf die gesamte Mannigfaltigkeit. Bei <strong>Mannigfaltigkeiten</strong> mit<br />
Rand werden Halbräume die lokalen Modelle sein. Für die Zwecke der globalen<br />
Analysis werden unendlich-dimensionale <strong>Mannigfaltigkeiten</strong> verwendet; die<br />
lokalen Modelle sind Hilbert- oder Banachräume. In der algebraischen Geometrie<br />
werden affine Varietäten zu allgemeineren verschmolzen. Bei den später zu<br />
besprechenden Bündeln werden Produkte von Räumen die lokalen Modelle sein.<br />
<strong>Mannigfaltigkeiten</strong> kommen indirekt in der Mathematik seit langem vor. In<br />
seinem berühmten Habilitationsvortrag vom 10. Juni 1854 hat Riemann deutlich<br />
eine Theorie n-dimensionaler (und sogar unendlich-dimensionaler) <strong>Mannigfaltigkeiten</strong><br />
gewünscht, wie die folgenden Zitate andeuten [122, p. 255–277]:<br />
. . . Je nachdem unter diesen Bestimmungsweisen von einer zu einer<br />
andern ein stetiger Uebergang stattfindet oder nicht, bilden sie eine<br />
stetige oder discrete Mannigfaltigkeit; die einzelnen Bestimmungsweisen<br />
heissen im ersten Falle Punkte, im letztern Elemente dieser<br />
<strong>Mannigfaltigkeiten</strong>. Begriffe, deren Bestimmungsweisen eine discrete