138 8 Weiteres T. tom Dieck Nun ist aber b 0 = −1 = −µ 0 und deshalb − d 0 µ 0 = d 0 = E. Die Relation für j = 0 liefert s −1 0 f E = 1. Wenn man dieses einsetzt und die s i für i ≥ 1 durch ihre Inversen ersetzt, erhält man die im Satz angegebene Präsentation. ✷ Indem man die bekannten Fundamentalgruppen der Flächen benutzt erhält man mit analogen Beweis: (2.4) Satz. Die Fundamentalgruppe einer Seifert-Faserung mit den Invarianten (g, e; (µ 1 , ν 1 ), . . . , (µ m , ν m )) hat die Erzeugenden und die Relationen f, s 1 , . . . , s m , a 1 , b 1 , a g , b g [s i , f] = [a i , f] = [b i , f] = s µ i i d d i = f E · ∏ s i · ∏ [a j , b j ] = 1. Darin ist wiederum E = e + ∑ d i µ i ∈ Z, und f wird durch eine reguläre Faser repräsentiert. Die Fundamentalgruppe des Orbitraumes ist bekanntlich 〈 a 1 , b 1 , . . . , a g , b g | ∏ j [a j, b j ] = 1 〉. Die Orbitabbildung induziert die Projektion, die s j und f auf 1 abbildet und die a j , b j identisch. ✷ (2.5) Beispiel. Jede glatte fixpunktfreie S 1 -Operation von S 1 auf S 3 ist orientiert äquivariant diffeomorph zu einer Operation der Form (??). Außer den bisher bewiesenen Sätzen benutzt man zum Beweis dieser Behauptung, daß eine Gruppe der Form 〈 s 1 , . . . , s m , f | [s i , f] = s µ i i f d i = f ∏ E i s i = 1 〉 für m ≥ 3 und µ i > 1 niemals trivial ist. Um Letzteres einzusehen, dividiert man das im Zentrum liegende Element f heraus. Es entsteht 〈 s 1 , . . . , s m | s µ ∏ i i sj = 1 〉. Es genügt, den Fall m = 3 zu betrachten. Die fragliche Gruppe hat die Form T (a, b, c) = 〈 x, y | x a = y b = (xy) c = 1 〉. Gruppen dieser Form heißen Schwarzsche Dreiecksgruppen. Sie treten in der Theorie der Riemannschen Flächen auf und sind als nichttrivial bekannt (siehe ??). Um eine Operation auf S 3 zu erhalten, dürfen also höchstens zwei Ausnahmeorbits auftreten. Die möglichen Fällen sind jetzt schnell aufgezählt. ✸ (2.6) Beispiel. Sei B = B(p, q, r) mit paarweise teilerfremden p, q, r. Die Ordnung von H 1 (B) ist |epqr|, also gleich 1. Deshalb handelt es sich um eine Homologiesphäre. Wir können nach den allgemeinen Sätzen die Fundamentalgruppe bestimmen. Es ergibt sich π 1 (B) = 〈 s 1 , s 2 , s 3 , f | [s i , f] = 1 = s p 1f dp = s q 2f dq = s r 3f dr = s 1 s 2 s 3 〉 wobei d p qr + d q pr + d r pq = 1 angesetzt wird, was wegen der paarweisen Teilerfremdheit möglich ist. In diesem Fall ist E = 0. Sei speziell (p, q, r) = (2, 3, 5). Dann ist d p = −1, d q = d r = 1. In der Fundamentalgruppe lassen sich s 1 und f durch s 2 und s 3 ausrechnen, und es verbleibt 〈 s 2 , s 3 | s 3 2 = s 5 3 = (s 2 s 3 ) 2 〉 = Ĩ. i j
T. tom Dieck 2 Algebraische Topologie von Seifert-Faserungen 139 Es ist bekannt, daß Ĩ die binäre Ikosaedergruppe der Ordnung 120 ist (siehe ??). Diese Gruppe ist eine Untergruppe von SU(2). Es ist SU(2) diffeomorph zu S 3 ; gruppentheoretisch sind das die Quaternionen der Norm 1. Der Faktorraum S 3 /Ĩ ist die berühmte Poincaré-Sphäre. Um diese mit B(2, 3, 5) zu identifizieren, betrachtet man die S 1 -Operation, die durch den maximalen Torus von SU(2) induziert wird. Man erhält dann drei Ausnahmefasern mit denselben lokalen Invarianten wie bei B(2, 3, 5). Da die Gruppe perfekt ist, so ist auch SU(2)/Ĩ eine Homologiesphäre, das heißt, die Seifert-Faserung hat auch die Euler-Zahl −1/(2 · 3 · 5). ✸