Hingegen ist die Unkenntnis über diese Rechte bei den befragten Personen <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel in Belgien, Italien,Schweden und in Griechenland mit klarer Mehrheit vertreten:• In den zwei letztgenannten Län<strong>der</strong>n wirkt sich <strong>der</strong> allgemeine Rechtskontext, <strong>der</strong> extrem restriktiv ist, was denZugang <strong>zur</strong> <strong>medizinischen</strong> Versorgung <strong>von</strong> Personen <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel betrifft, sicher negativ auf dieKenntnislage über das Angebot eines kostenlosen HIV-Test aus• Im Vereinigten Königreich schränkt die Tatsache, dass antiretrovirale Behandlungen für Personen <strong>ohne</strong>Aufenthaltstitel 93 nicht zugänglich sind, offensichtlich die Inanspruchnahme <strong>der</strong> Tests ein. Die Verfügbarkeit <strong>der</strong>Behandlungen und <strong>der</strong> Zugang zu Behandlungen im Frühstadium <strong>der</strong> Infektion sind in <strong>der</strong> Tat ein starkerAntrieb, den Test durchführen zu lassen, wie es in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n seit <strong>der</strong> Verbreitung <strong>der</strong>antiretroviralen Behandlungen zu beobachten ist.73- Kenntnis über den Anspruch auf einen kostenlosen HIV-Test - nach den Län<strong>der</strong>n dargestellt, in denen dieUmfrage durchgeführt wurdeES FR UK NL BE IT SE ELJa Nein Kommt darauf an Weiß nicht> Frau X. kam mit 18 Jahren nach Frankreich, um Arbeit zu finden. Sie hütet Kin<strong>der</strong> und wohnt bei einerFreundin. Als wir auf das Thema Gewalt zu sprechen kommen, erzählt sie uns, dass sie im Alter <strong>von</strong> 13 Jahrenvergewaltigt wurde. Frau X. sucht einen Arzt auf, da sie sich müde fühlt, seit LangemArtikulationsschwierigkeiten hat und schlecht schläft. Dies klingt für uns nach einer psychosomatischenPathologie. Im Rahmen <strong>der</strong> Prävention schlagen wir ihr einen HIV- und Hepatitis-Test vor; sie isteinverstanden und scheint überhaupt nicht beunruhigt zu sein, sie ist kein Risiko eingegangen. Der HIV-Testerweist sich als positiv. Frau X., Ivorerin, 25 Jahre alt, lebt in FrankreichMehr als ein Drittel (35,7 %) <strong>der</strong> befragten Personen wollte bereits einen Test in dem Land machen, in dem dieUmfrage durchgeführt wurde, die Nachfrage nach einem Test ist also keineswegs vernachlässigbar. Dies ist mehr beiFrauen <strong>der</strong> Fall als bei Männern (39,1 % gegenüber 31,3 %, p = 0,01). Es sind auch häufiger Frauen zwischen 18 und 29Jahren, die einen Test machen lassen wollten. Die Höchstrate ist bei den Männern im Alter zwischen 35-44 Jahren, und essind niemals mehr als 38,8 %, die dies wollen, unabhängig <strong>von</strong> <strong>der</strong> Altersgruppe. Bei den Frauen schrumpft die Zahl nach45 stark (was betont, inwieweit <strong>der</strong> Wunsch nach einem Test eher mit <strong>der</strong> Mutterschaft verbunden ist, als mit <strong>der</strong>Sexualität, während sie bei den Männern erst ab einem Alter <strong>von</strong> 55 Jahren abnimmt, um dann einen identischen Wertbei beiden Geschlechtern jenseits dieses Alters zu erreichen (18 %).93. S. Terrence Higgins Trust & National Aids Trust, „Note on access to HIV treatment for undocumented migrants and those refused leave to remain“, THT, February 2006 etNational AIDS Trust. „The myth of HIV health tourism“, NAT, October 2008.98Bericht des European Observatory – Médecins du Monde
74- Wunsch nach einem HIV-Text - nach Geschlecht und Altersgruppen dargestelltMännerFrauen18-24 Jahre 25-29 Jahre 30-34 Jahre 35-44 Jahre 45-54 Jahre55 Jahre undälterGesamtBei Personen aus Afrika südlich <strong>der</strong> Sahara und aus Mittel- o<strong>der</strong> Südamerika – einschließlich <strong>der</strong> Karibik – ist dieNachfrage nach einem Test stärker (etwa die Hälfte <strong>der</strong> befragten Personen) und bei den Personen aus dem Maghreb,des Nahen und Mittleren Ostens o<strong>der</strong> aus Europa ist er am seltensten (weniger als ein Viertel <strong>der</strong> befragten Personen).75- Wunsch nach einem HIV-Text - nach geografischer Herkunft dargestelltAfrika südlich <strong>der</strong> Mittel- undNaher undAsien EU MaghrebSaharaSüdamerikaMittlerer OstenEuropaaußerhalb <strong>der</strong> EUGesamtEs muss an dieser Stelle die niedrige Häufigkeit des Wunsches nach einem Test unter den europäischen Teilnehmernaufgegriffen werden, unabhängig da<strong>von</strong>, ob sie EU-Bürger sind o<strong>der</strong> nicht, auch wenn <strong>der</strong> Teil <strong>der</strong> heterosexuellenÜbertragung bei jungen Erwachsenen in Zentraleuropa mehrheitlich vertreten ist und auch wenn die Inzidenz <strong>der</strong>Infektion <strong>von</strong> HIV in Osteuropa sehr stark ist (viermal höher als im Jahr 2006 gegenüber <strong>der</strong>jenigen, die in <strong>der</strong>Europäischen Union beobachtet wurde) 94 .Die Nachfrage nach einem Test hängt auch mit <strong>der</strong> Dauer des Aufenthaltes in dem Land ab, in dem die Umfragedurchgeführt wurde: die Personen, die sich bereits testen lassen wollten, halten sich, wie es zu erwarten war, schon viellänger im Aufnahmeland auf als die an<strong>der</strong>en (durchschnittlich 57 Monate gegenüber 47 Monaten, p = 0,005). DieNachfrage ist somit sehr unterschiedlich im Zusammenhang mit dem Alter, dem Geschlecht, <strong>der</strong> geografischen Herkunftund <strong>der</strong> Dauer des Aufenthaltes <strong>der</strong> befragten Personen. Die eventuell beobachteten Unterschiede zwischen Län<strong>der</strong>n, indenen die Umfrage durchgeführt wurde, müssen also unter Berücksichtigung dieser vier Merkmale analysiert werden.94. EuroHIV, „HIV/AIDS surveillance in Europe. End-year report 2006“, Saint-Maurice, Institut de veille sanitaire, 2007, No. 75.Bericht des European Observatory – Médecins du Monde 99