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der zugang zur medizinischen versorgung von menschen ohne ...

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Der Sohn <strong>von</strong> Frau S.-A. ist 18 Jahre alt und leidet an einer Muskelkrankheit. Er ist behin<strong>der</strong>t und sitzt imRollstuhl, welcher jedoch zu klein ist, da er ihn seit seiner Kindheit hat. Seine Eltern haben sich aus Angst undaufgrund des Mangels an Informationen nicht getraut, um Hilfe zu bitten. Erst kürzlich hat sie jemand überdie bestehenden Möglichkeiten aufgeklärt. Der junge Mann ist nun jedoch älter als 18 Jahre und besitzt somitnicht die Ansprüche, die Min<strong>der</strong>jährige haben. In diesem Fall hätte er einen angemessenen Rollstuhlerhalten. Eine seiner Schwestern im Alter <strong>von</strong> 8 Jahren leidet an ernsthaften Sehproblemen, die lange nichtbehandelt wurden, ebenfalls aufgrund des Informationsmangels. Der Arzt <strong>von</strong> Médecins du Monde leitetesie an eine Einrichtung für Augenmedizin weiter. Trotz des Empfehlungsschreibens des Arztes und trotz <strong>der</strong>Behandlungsverpflichtung konnte das Kind zunächst, unter dem Vorwand, dass sie keineAufenthaltsgenehmigung besitzt, nicht untersucht werden. Nach mehreren Kontaktaufnahmen zu Médecinsdu Monde wurde sie schließlich in dieser speziellen Einrichtung in Behandlung übernommen, wo man beiihr drei sehr schwerwiegende Probleme diagnostizierte, die <strong>ohne</strong> eine Behandlung <strong>zur</strong> Erblindung führenkönnten. Frau S.-A., Salvadorianerin, lebt seit drei Jahren in Schweden, lebt mit ihrem Ehemann und ihrenacht Kin<strong>der</strong>n im Alter <strong>von</strong> 2 bis 18 Jahren zusammen.Das Beispiel dieses Bru<strong>der</strong>s und dieser Schwester betont, wie sehr eine verzögerte Behandlung <strong>der</strong>Gesundheitsprobleme schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit o<strong>der</strong> auf die Behin<strong>der</strong>ung haben kann. Darüberhinaus birgt das Nichtvorhandensein <strong>der</strong> Kenntnis über das Recht auf den Zugang <strong>zur</strong> <strong>medizinischen</strong> Versorgung,vermischt mit <strong>der</strong> Angst o<strong>der</strong> dem Unbehagen, um Hilfe zu bitten, das Risiko, die gesundheitliche und soziale Situation<strong>der</strong> Familien zu verschlimmern.Bei einem bestehenden Informationsdefizit über ihre Rechte zum Zugang <strong>zur</strong> <strong>medizinischen</strong> Versorgung, ist dieSelbstbehandlung eine Lösung, die <strong>von</strong> einigen angewendet wird. Die Eltern geben dabei ihren Kin<strong>der</strong>n, <strong>ohne</strong> ärztlicheKonsultation, Medikamente, die noch <strong>von</strong> an<strong>der</strong>en Krankheitsepisoden übrig sind, o<strong>der</strong> die sie <strong>von</strong> Freundenbekommen haben, <strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> die gleichen Symptome gehabt hätten.Einige Eltern, denen daran gelegen ist, dass ihre Kin<strong>der</strong> <strong>von</strong> einem Arzt untersucht werden, zahlen Sprechstunden undBehandlungen und finanzieren somit die Gesundheits<strong>versorgung</strong>en selbst, auf die sie jedoch kostenlos Anspruchhätten. Dies ermöglicht es nicht unbedingt, die gesamte Behandlung des Kindes zu sichern; darüber hinaus könnendiese Ausgaben hoch sein und die <strong>ohne</strong>hin schon schwache finanzielle Situation <strong>der</strong> Familie bedrohen.> Herr F. lebt seit elf Jahren <strong>ohne</strong> Aufenthaltsgenehmigung mit seiner Frau und ihren fünf Kin<strong>der</strong>n, die alle inFrankreich geboren wurden. Auch wenn er theoretisch Zugang zu einer aide médicale d’état (AME) hat, kennter seine Rechte auf eine Krankenversicherung nicht wirklich. Als ihn eine Lehrerin auf die Sehprobleme seiner9-jährigen Tochter aufmerksam macht, bringt er sie zu einem Augenarzt in <strong>der</strong> Stadt, den er selbst bezahlt. Erbezahlt außerdem die verschriebene Brille für einen Betrag <strong>von</strong> 300 Euro mit seinen eigenen finanziellenMitteln. Kurz danach zerbricht seine Tochter ihre Brille und ihr Vater hat keine Mittel mehr, um eine neue zukaufen. Die Schule leitet ihn an Médecins du Monde weiter, wo er eine neue Brille erhält. Herr F., Guineer, lebtseit elf Jahren mit seiner Ehefrau und ihren fünf Kin<strong>der</strong> im Alter <strong>von</strong> 8 Monaten bis 11 Jahren zusammen.Manchmal werden Netzwerke für gegenseitige Unterstützung und Solidarität genutzt, um diesen Kostennachzukommen: Angehörige, Landsleute, Mitglie<strong>der</strong> einer religiösen Gemeinschaft können gebeten werden, eineBehandlung zeitweise zu finanzieren. Im Falle eines langfristigen Gesundheitsproblems besteht die Gefahr darin, dassdieses Bitten um Hilfe die jeweiligen freundschaftlichen o<strong>der</strong> familiären Beziehungen aufzehren o<strong>der</strong> schwächen.> Frau V. ist Nigerianerin. Im Alter <strong>von</strong> 18 Jahren kam sie in die Nie<strong>der</strong>lande. Während ihrer Schwangerschaftvor neun Jahren wurde sie <strong>von</strong> einer Geburtshelferin betreut und hat im Krankenhaus entbunden. Sämtliche<strong>medizinischen</strong> Kosten wurden <strong>von</strong> ihrer Kirche bezahlt, trotz <strong>der</strong> legalen Möglichkeit eines finanziellenAusgleichs, den die Regierung Angehörigen eines Gesundheitsberufes gewährt, um die Kosten für eineSchwangerenfürsorge einer Frau <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel abzudecken, die nicht in <strong>der</strong> Lage ist, zu zahlen. FrauV., Nigerianerin, lebt seit elf Jahren in den Nie<strong>der</strong>landen, lebt mit ihren zwei Kin<strong>der</strong>n im Alter <strong>von</strong> 7 und 9Jahren zusammen.Bericht des European Observatory – Médecins du Monde 127

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