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der zugang zur medizinischen versorgung von menschen ohne ...

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Frau B. erzählt mir, dass sie hierhergekommen sei, um zu arbeiten und dass sie ein bisschen einsam sei, dasssie jedoch <strong>zur</strong>echtkäme, da sie ein paar Freunde habe. Sie lächelt. Sie sagt, dass sie ängstlich sei, dass sie einProblem mit dem Kopf habe, dass sie schlecht schlafe. Wir sprechen ganz behutsam das Thema Gewalt an.Sie sagt, dass es schon ginge, aber ihr Lächeln war verschwunden. Sie fängt an zu weinen. Sie versucht zulächeln, aber man sieht, dass es ihr schwerfällt. Sie erklärt mit ihren eigenen Worten, dass es nicht einfach sei,sich auf Französisch auszudrücken, aber es gelingt ihr trotzdem. Sie hatte in Frankreich einen Freund. Sie seiJungfrau gewesen. Vor einem Jahr habe er sie geschlagen und vergewaltigt. Seitdem habe sie ihn nichtwie<strong>der</strong>gesehen. Seitdem habe sie nachts Alpträume, schlafe schlecht, bekäme Angstattacken, leide anKopfschmerzen. Ja, sie würde gern mit einem Psychologen sprechen, doch auf Französisch sei das nichteinfach. Frau B., Marokkanerin, 25 Jahren, lebt in Frankreich.> „Auf Mali habe ich meinen Papa verloren, als wir noch ganz klein waren. Unsere Mutter ging zum Markt, umGewürze zu verkaufen, um für uns zu sorgen. Wir sind acht Kin<strong>der</strong>. Ich bin die Älteste in meiner Familie. Als ichnoch <strong>zur</strong> Schule ging, arbeitete ich in den Ferien bei Leuten, um bei Schulbeginn nach den Ferien Hefte undTaschen bezahlen zu können. Ich bin gegen die Beschneidung 81 . Denn ich bin ein Opfer <strong>der</strong> Beschneidung:Ich wurde auf Mali sehr schlecht beschnitten. Der Mann, mit dem ich verlobt wurde, sagte jedes Mal zu mir:„Du bist nicht gut beschnitten“. Es gibt einen Begriff in <strong>der</strong> Bambara-Sprache. Ich weiß nicht, wie man das aufFranzösisch sagt: Die Männer sagen, dass du wie ein Mann bist, wenn du nicht gut geschnitten bist. Das hatmich schockiert. Ich habe ihn verlassen. Jedes Mal, wenn er das zu seinen Freunden sagt, schäme ich mich.Auf Mali sind viele Frauen da<strong>von</strong> Opfer geworden. Viele Schmerzen und viele Probleme bei <strong>der</strong> Entbindung,da sie beschnitten wurden. Wenn du mit einem Mann schläfst, dann tut es weh.Ich will nicht, dass meine Kin<strong>der</strong> wie ich auch zu Opfern werden. Das will ich nicht. Meine Tochter wurdeOpfer da<strong>von</strong>. Ich bin gekommen, damit meine zukünftigen Kin<strong>der</strong> nicht zu Opfern da<strong>von</strong> werden. Auf Maliwollen sie nicht damit aufhören. Es gibt Frauen, die nur dafür da sind, das zu tun. Wenn du sagst, dass du esnicht willst, werden sie sagen, dass du dich wie die Weißen verhältst. Wenn ich hier die Mittel dazu habe, willich ein Projekt für den Kampf gegen die Beschneidung gründen.“ S., Malierin, 29 Jahre alt, lebt in Frankreichin Saint-Denis.Immer Bezug nehmend auf die 10 angesprochenen Formen <strong>von</strong> Gewalt, geben 41 % <strong>der</strong> Personen an, dass sie inihrem Herkunftsland Opfer <strong>von</strong> Gewalt geworden seien sowie 24 % seit ihrer Ankunft im Aufnahmeland. 7 % habenwährend ihres Migrationsweges Gewalt erlitten. Die Migration nach Europa scheint es also zahlreichen Personenermöglicht zu haben, <strong>der</strong> Gewalt in ihrem Herkunftsland zu entkommen, <strong>ohne</strong> dabei vor <strong>der</strong> Gewalt im Aufnahmelandbewahrt zu sein. An dieser Stelle muss betont werden, dass es sich um deklarative Daten handelt, die <strong>von</strong> Verzerrungendurch unterschiedliche Berichterstattungen betroffen sein können (in je<strong>der</strong> Umfrage bekannt). Auch ist angesichtsdessen, was die Teams <strong>von</strong> Médecins du Monde vom Weg <strong>der</strong> Migranten, die ihre Programme aufsuchen, wissen, <strong>von</strong>einer Dunkelziffer <strong>von</strong> Menschen auszugehen, die während des Migrationsweges Gewalt erlittenen haben.Drei Formen <strong>von</strong> Gewalt wurden genauso häufig im Herkunftsland erlebt wie im Empfangsland: sexuelle Gewalt,finanzielle Beschlagnahmung und „sonstige Gewalt“ (uneinheitliche Kategorie, verwendet <strong>von</strong> einigen Befragten, uminsbeson<strong>der</strong>e psychische o<strong>der</strong> emotionale Gewalt zu bezeichnen). Der Nahrungsentzug ist im Aufnahmeland sicherseltener als im Herkunftsland, jedoch sind zahlreiche Personen damit nichtsdestotrotz konfrontiert: 15 % <strong>der</strong> befragtenBevölkerungsgruppe hatte seit ihrer Ankunft im Aufnahmeland nicht genug zu essen. Die an<strong>der</strong>en Arten <strong>der</strong> Gewaltwerden häufiger im Herkunftsland erfahren.81Beschneidung als Synonym für die Verstümmelung weiblicher Genitale (FGM)88Bericht des European Observatory – Médecins du Monde

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